Internet-Gottesdienste, Andachten per Whatsapp oder geistliche Impulse via Facebook: Seit Beginn des allgemeinen Versammlungsverbots in der Corona-Krise finden immer mehr Kirchengemeinden kreative Wege, um ihre Mitglieder zu erreichen. In Oberfranken machen jetzt die fünf großen regionalen Privatradiosender Sendeplätze frei für "Mini-Gottesdienste" und andere kirchliche Formate.

Und erstmals sendet TV Oberfranken an den kommenden fünf Sonntagen evangelische Gottesdienste aus fünf Kirchen in der Region. "Durch ihren besonderen regionalen Charakter vermitteln diese Gottesdienste auch eine Art geistliche Heimat", sagt dazu die Bayreuther Regionalbischöfin Dorothea Greiner.

Es sind vertraute Stimmen, die in einem ungewöhnlichen Umfeld zu hören sind: Moderatorinnen und Moderatoren, die sonst Nachrichten präsentieren oder über lokale Ereignisse berichten, lesen Gebete oder Texte aus der Bibel, dazwischen predigt eine Pfarrerin oder ein Pfarrer aus der Nachbarschaft, die Kirchenlieder zum Mitsingen werden eingespielt.

So ungefähr lässt sich das Konzept der "Mini-Gottesdienste" beschreiben, die vom 29. März an im Programm der vier Lokalradios in Bamberg, Bayreuth, Hof und Kulmbach zu hören sein werden. Und auch "Radio Eins" erweitert sein Programm "in der 19 Uhr Stunde": Dort werden Pfarrerinnen und Pfarrer aus der Region Coburg und Kronach mit täglichen Andachten zu "Mutmachern".

Mit den Angeboten soll ein Teil der Lücke geschlossen werden, die durch das seit 19. März geltende Gottesdienstverbot entstanden ist - was das kirchliche Gemeindeleben im Kern getroffen hat.

"Uns fehlt in der momentanen Krise die Möglichkeit, zum Gottesdienst zusammenzukommen. Das schmerzt gerade in der Passions- und Osterzeit", stellt Regionalbischöfin Greiner fest. Dankbar registriert die evangelische Theologin deshalb neben den vielfältigen Hilfsangeboten und seelsorgerlichen Initiativen der letzten Wochen auch das zunehmende Engagement vieler Gemeinden mit selbst produzierten Video- oder Audiobeiträgen im Internet, die teils auch überregionales Echo finden. "Wir erleben gerade, was technisch geht und uns hilft, uns zu vernetzen und vieles mehr", schrieb Greiner kürzlich in einem Rundbrief an die Gemeinden im Kirchenkreis Bayreuth.

Als eine Art alternativer Kirchenraum haben sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender mit ihren regelmäßigen Gottesdiensten seit Jahrzehnten bewährt. Und auch in vielen Privatradios bayernweit gehören seit Langem tägliche Andachten und sonntägliche Magazinsendungen, produziert von der Evangelischen Funk-Agentur (efa), zum festen Bestandteil des Programms. Längere Gottesdienste allerdings sind in diesem Umfeld eher die Ausnahme.

Es war also durchaus ungewohntes Terrain, als am 22. März der erste 15-minütige "Mini-Gottesdienst" im Bayreuther Lokalfunk auf Sendung ging. Das kompakte Format, das die wesentlichen Elemente eines üblichen Gottesdienstes enthält, entwarf der Bayreuther Pfarrer Hannes Schott, selbst erfahrener Autor von Radio-Andachten, zusammen mit Michael Götz von Radio Mainwelle. Die unerwartet große positive Resonanz gab den Anstoß, das Projekt mit Unterstützung der efa auch den anderen Regionalsendern anzubieten.

"Es ist ein ermutigendes Zeichen, wie in der Corona-Krise auch die privaten Fernseh- und Hörfunksender in Bayern neue Wege gehen und Extra-Sendeplätze öffnen für unsere Inhalte, wie Andachten und Gottesdienste"

Das sagt Claudia Dinges, Chefredakteurin Evangelische Funk-Agentur (efa) und Evangelisches Fernsehen (efs) beim Evangelischen Presseverband für Bayern (EPV). Die Senderchefs hätten erkannt, wie wichtig für ihre Zuschauer und Hörer spiritueller Halt und kirchlicher Beistand seien: "Jetzt, wo Vieles nur noch drinnen stattfindet, Kontakte nur noch digital sind, kommen wir mit unseren Inhalten zu den Menschen nach Hause und holen jeden Einzelnen in seinem ganz individuellen Gefühl ab - eben übers Radio oder den Bildschirm", erklärt Dinges.

Mit ihren neuen Sendungen leisten nicht nur die oberfränkischen Lokalradios eine Art Pionierarbeit. Auch der regionale Fernsehsender TV Oberfranken startet am 29. Marz eine Reihe mit Gottesdiensten, die in verschiedenen Kirchen des evangelischen Kirchenkreises Bayreuth aufgezeichnet werden. Nach der Erstausstrahlung um 9 Uhr werden die 30 Minuten langen Gottesdienste noch drei Mal am Sonntag wiederholt und sind später auch online in der Mediathek abrufbar.

Die Initiative dafür sei nicht von der Kirche, sondern von der Geschäftsführung des Senders ausgegangen, sagte Regionalbischöfin Greiner im Interview. Mit den Fernsehgottesdiensten könnten in Zeiten der Ausgangsbeschränkungen auch neue Zielgruppen ansgeprochen werden: "Gegenwärtig ist in manchen Wohnungen die ganze Familien zu Hause. Bei manchen läuft der Fernseher den ganzen Tag im Hintergrund". Die Regionalbischöfin hofft, dass damit auch Menschen erreicht werden, die sonst nicht in die Kirche gehen: So könne eine neue inhaltliche Verbundenheit entstehen.