Die Evangelische Journalistenschule in Berlin steht vor dem Aus. Nicht, weil da niemand mehr Journalismus lernen will – um die 16 Plätze konkurriert ein Vielfaches an Bewerbern. Nicht, weil da niemand mehr lehren will – zu den Kursleiterinnen und Kursleitern gehören Branchenschwergewichte wie Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung und Sabine Rückert von der Zeit. Nicht, weil die Ausbildung schlecht wäre – Absolventinnen und Absolventen der EJS sind in den Redaktionen der Republik für ihre crossmediale Ausbildung geschätzt. Auch nicht, weil die Evangelische Kirche keinen Wert auf Qualitätsjournalismus legen würde. Im Gegenteil: Der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm betont bei jeder Gelegenheit, wie wichtig guter Journalismus in Zeiten von Fake News, Hassreden in den sozialen Netzwerken und Filterblasen ist.

Nein, die Evangelische Journalistenschule steht vor dem Aus, weil dort in nächster Zeit zwei Menschen in den Ruhestand gehen.

Das passt ins Sparkonzept von Jörg Bollmann, Direktor des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik (GEP), zu dem die Journalistenschule gehört. Bollmann muss bis 2024, bei einem Gesamthaushalt von jährlich 22,5 Millionen Euro, rund 1,9 Millionen Euro einsparen. Die nötige Restrukturierung solle möglichst ohne betriebsbedingte Kündigungen ablaufen, heißt es aus dem GEP. Das ist eine gute Nachricht. Deshalb die Journalistenschule zu schließen, ist ein Witz. Welches Unternehmen auf Sparkurs macht den nächstbesten Geschäftsbereich dicht, nur weil dort Verrentungen anstehen?

An der EJS lernen junge Menschen unterschiedlichster Fachrichtungen das journalistische Handwerk. Sie sind evangelisch oder katholisch, muslimisch oder konfessionslos, fromm oder kirchenkritisch. Kennzeichen ihres 22 Monate dauernden Volontariats ist ein ethischer Blickwinkel, der über die Kriterien von Objektivität und Sachlichkeit hinausgeht: Ist eine Herangehensweise ethisch vertretbar? Welche Informationen sind wichtig für die Berichterstattung – und welche bloß voyeuristisch?

"Wir sind überzeugt: Couragierter und nachdenklicher Journalismus ist unverzichtbar für Orientierung, Meinungsbildung und Verständigung in einer demokratischen Gesellschaft", heißt es in einem offenen Brief des EJS-Freundeskreises und der Initiative "EJS retten" an die EKD-Ratsmitglieder.

Über die EJS sendet die evangelische Kirche Menschen in die Redaktionen von weltlichen und kirchlichen Medienhäusern, die ein grundsätzliches Verständnis, vielleicht sogar Sympathie für Kirche haben – und die (auch kirchliche) Themen verständlich vermitteln können. Nun kann man nicht allenthalben den Traditionsabbruch in der Gesellschaft beklagen und sich dann ohne Not ein solches Standbein in die Öffentlichkeit abhacken.

Auf Nachfrage betonte Bollmann, dass die Ausbildung an der EJS "absolut zeitgemäß" sei. Angesichts des Spardrucks, der alle Bereiche des GEP treffe, müsse man aber über alternative Formate zum Modell "Schule", das jährlich 500.000 Euro koste, nachdenken – etwa über eine Kooperation mit den Katholiken. Gratis gibt's die sicher nicht. Bei aller Ökumene wird sich die katholische Seite eine gemeinsame Ausbildung schon refinanzieren lassen.

Sollte - was Bollmann von sich weist - die EJS-Abwicklung allerdings nur ein Spielball im Rotstift-Geschacher sein, wäre das unverantwortlich. Ethisch fundierter Journalismus, wie ihn die Berliner Schule bietet, war womöglich nie wichtiger als heute.