Wer hätte gedacht, dass das Schwierige am Fasten nicht der Verzicht an sich ist? Ich auf jeden Fall nicht. Mein Ziel in dieser Fastenzeit war es, mir den sinnlosen Gebrauch digitaler Geräte, Apps und sozialer Netzwerken abzugewöhnen. Überraschenderweise fiel mir das nicht schwer. Dafür kristallisierte sich schnell ein anderes Problem heraus:

Wenn ich in der U-Bahn mein Handy in der Tasche lasse und nicht stumpf den Newsfeed bei Facebook runterscrolle – womit beschäftige ich mich in den 15 Minuten Fahrt dann? Wenn bei der langweiligsten Beschäftigung der Welt (Spülmaschine ausräumen) nicht Netflix nebenher läuft – lausche ich dann nur dem Klappern des Geschirrs?

Wie gewinne ich Freiheit in der Fastenzeit?

Bei der ersten U-Bahn-Fahrt ohne Smartphone bin ich optimistisch. Ich sage mir: Das ist freie Zeit, die ich nur für mich habe und in der ich nachdenken kann – mich mit meinem Inneren beschäftigen, nicht mit dem Bildschirm. Allerdings werde ich nicht tiefgründig, sondern fange an, meine Mitfahrer anzustarren – oder aus dem Fenster in den dunklen U-Bahn-Schacht. Fällt es mir so schwer, mich mit mir selbst zu beschäftigen?

Zuhause auf das Gedudel von Netflix zu verzichten, geht auch relativ leicht. Bleibt der Laptop eben aus. Aber was nun? Ich liege auf meinem Bett und starre an die Decke. Das kann doch nicht Sinn des Fastens sein. Ich möchte nicht nur was weglassen, sondern auch was Neues dazugewinnen – so wie es die oberbayerische Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler in einem Interview zur Fastenzeit versprochen hatte: "Es geht darum, Gewohnheiten zu überprüfen, um neue Freiheiten zu gewinnen."

Aber welche Freiheiten? Die Freiheit stupide in die Gegend zu starren? Wohl eher nicht.

Was möchte ich in meiner Freizeit tun?

Ich will mehr auf Digitales verzichten, weil ich mich damit meist nur ablenke und Zeit schinde – statt was Richtiges mit meiner Freizeit anzufangen. Vielleicht liegt darin meine neue Freiheit: Die neu erworbene freie Zeit mit dem zu füllen, was mir wirklich wichtig ist?

Auf die Erkenntnis folgen schwere Fragen: Was ist mir wichtig? Was fehlt bisher in meinem Alltag? Womit möchte ich mich beschäftigen? Möglicherweise ist das die Zeit der Einkehr, zu der die evangelische Kirche im Rahmen ihrer Fastenaktion aufruft: Ich kehre in mich, um Klarheit über mein Leben und meine Wünsche zu erlangen.

Crashkurs in bewusster Lebensführung

Weil ich mir jetzt im Klaren darüber bin, wonach ich suche, sind die Antworten schnell gefunden. Ich studiere Politikwissenschaften, beschäftige mich aber außerhalb der Uni für meinen Geschmack zu wenig mit Politik. Deshalb abonniere ich eine Tageszeitung. Wenn ich mich jetzt Zuhause langweile, bleibt Netflix aus und ich lese Zeitung. Ich habe das Gefühl, mich mit etwas wirklich Wichtigem zu beschäftigen. Ein gutes Gefühl!

Bei der Hausarbeit brauche ich weiterhin Hintergrundgeräusche. Statt der Serie "American Horror Story" läuft beim Bad putzen nun aber die politische Satiresendung "Die Heute Show". In der U-Bahn ist das Smartphone weiterhin dabei, aber ich höre damit Musik. Facebook öffne ich nur, wenn ich mit jemandem in Kontakt treten möchte.

Nach sieben Wochen ist die Fastenzeit nun vorbei. Mein Ziel, den Fängen der digitalen Welt ein bisschen zu entfliehen, habe ich erreicht. Und noch etwas habe ich gelernt: Fasten ist nicht dazu da, nur über einen bestimmten Zeitraum einen Nutzen für sich zu gewinnen. Vielmehr hilft die Zeit des Verzichts, etwas für sein Leben zu lernen. Quasi ein Crashkurs in bewusster Lebensführung, dank dem ich ein Stück Freiheit wiedererlangt habe, mein Leben mit dem zu gestalten, was mir wirklich wichtig ist.

Über die Bloggerin: Fanny Buschert

Fanny Buschert ist 21 Jahre alt und studiert Politikwissenschaften an der LMU München. Von Februar bis April 2018 ist sie Praktikantin beim Evangelischen Presseverband für Bayern (EPV).