Immer mehr junge Erwachsene wenden sich von der Kirche ab und zahlen so auch keine Kirchensteuer mehr. Die Gründe dafür sind vielfältig: Erste Jobs nach der Ausbildung oder dem Studium, die Gründung einer Familie, mögliche Schulden durch Kreditaufnahme für den Erwerb von Eigentum und noch vieles mehr beschäftigen diese Generation mehr als die Beziehung zu einer Kirche.

Um Mitglieder für sich halten oder gar neu gewinnen zu können, denkt die evangelische Kirche nun über Steuererleichterungen für diese Zielgruppe nach. Um die Kirche zukunftsfähig zu machen, schlug die Aufsichtsratsvorsitzende der Bank für Kirche und Diakonie, Marlehn Thieme, vor, die Kirchensteuer für jüngere Menschen und Berufsanfänger abzusenken. "Was hindert uns daran, jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, Kirchensteuern zu reduzieren, anstatt sie ganz als Mitglieder zu verlieren?", fragte Thieme.

Mitnahmeeffekte

Ob sich ihr Vorschlag durchsetzen und man damit neue Mitglieder wieder an die Kirche binden kann, wird sich zeigen. Die Kirche jedenfalls sollte nichts unversucht lassen, die Generation der 25- bis 35-Jährigen anzusprechen und ihnen eine solche Möglichkeit zu offerieren. Thieme, die auch Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, fordert, bei der Kirchensteuer noch kreativer zu werden. Nicht so sehr vor dem Hintergrund der Einnahmen, sondern vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Formen der Verbundenheit, die Menschen mit Kirche hätten.

Damit den großen Wurf gelandet zu haben – von diesem Gedanken sollte man sich aber schnell trennen. Wer nicht frühzeitig mit und in der Kirche sozialisiert ist, wer auch nicht emotionalisiert ist von der Kirche und ihren vielfältigen Angeboten, wird über Kirchensteuererleichterungen möglicherweise nur schmunzeln – und sie dennoch gerne annehmen. Die aber, die tatsächlich aus finanziellen Gründen der Kirche den Rücken kehren, kann man vielleicht neu inspirieren.

Bedeutung von Kirche und Diakonie klarmachen

Wichtig wird es bleiben, der jüngeren Generation unermüdlich und immer wieder von Neuem klarzumachen, wohin ihr Kirchensteuergeld eigentlich fließt und wie viel die Kirche und vor allem die Diakonie als einer der größten Arbeitgeber in unserem Land eigentlich tun: Krankenhäuser, Sozialstationen, Kindertagesstätten, Alten- und Jugendhilfe, Schwangeren- und Schuldnerberatung, Bildungsmaßnahmen und noch vieles mehr. Der Gedanke an Steuererleichterungen ist sinnvoll und sollte weitergedacht werden; die Hoffnungen auf eine massenweise Rückkehr der Jüngeren dürfen aber nicht allzu hoch gehängt werden.