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Thomas Mundt, Prädikant ohne Auftrag, 25. April 2018

Was liegt nicht näher, wenn sich eine Institution wie die Kirche mit ihren Mitgliedern und Aufgabenträgern neu ausrichten will, als dass sie diesen Prozess eben aus dem Blickwinkel der betroffenen Institution heraus beginnt und steuert.

Das bedeutet, dass alle Beteiligten naturgemäß aus ihrer ganz persönlichen Situation heraus agieren. Mit all ihren Erfahrungen, Vorlieben, Ängsten; mit ihren Gaben, Eitelkeiten, ihrem Status.

Dabei wissen die meisten der Beteiligten, dass sich die Maßstäbe Gottes nicht mit den unsrigen decken.

Was wäre, wenn wir nicht von innen heraus diesen Prozess beurteilen und leben, sondern losgelöst von allen Zwängen von außen hineinschauen und alles abwerfen, was uns behindert.

Wir Menschen haben uns Strukturen geschaffen, die uns vermeintlich Sicherheit und Hoffnung auf die Zukunft geben. Unsere gesamte Kirche ist Struktur, das ist Fakt. Und ich meine das nicht despektierlich. Aber innerhalb einer Struktur lässt es sich nun mal gut einrichten. Und die Sicherheiten, nach denen wir lechzen: Anerkennung, Wahrnehmung, finanzielles Auskommen, vielleicht sogar auch Liebe, lassen sich hier am leichtesten finden.

Doch wenn wir die Botschaften und Verheißungen unseres Gottes zu den Menschen bringen wollen, müssen diese in unsere Struktur hinein. Und das wird mit zunehmenden Maßen anscheinend schwieriger. 

Jesus ist von diesen menschlichen Maßstäben weg gegangen. Er hat die Struktur verlassen und sich außerhalb bewegt. Er hat die Botschaften Gottes direkt, ungefiltert und unbequem aber wohl immer mit großer Liebe zu den anderen Menschen gebracht. Prinzipien außerhalb unserer menschlichen Strukturen. Einfach!  Aber doch auch so schwer.

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Pfarrerin Andrea Borger, München, 10. März 2018

Die Nürnberger Innenstadtgemeinden haben im Rahmen des Dekanatsentwicklungsprojektes E.i.N. in den Jahren 2002 bis 2005 in Abstimmung mit der Prodekanatssynode einen aufwändigen Prozess der Kooperationsentwicklung durchlaufen. Unter anderem wurden damals durch sorgfältige Analysen der Durchblick und die Begründung für ein gemeinsames Pfarramt geschaffen.

Ohne diesen Prozess, den ich zusammen mit Herrn Prof Halfar und der Beratungsfirma xit fachlich konzipiert und als Beraterin begleitet habe, wären die Nürnberger nicht da, wo sie heute sind.

Ich finde es sehr schade, dass diese Tatsache (aufgrund mangelhafter Recherche?) in einem großen Artikel des "Sonntagsblatt" zu PuK mit keinem Wort erwähnt wird. Das schmälert nicht nur das Ansehen von E.i.N., das von so manchen Besitzstandswahrern damals wie heute heftig kritisiert wurde und wird, unter Ausblendung der greifbaren Erfolge und Ergebnisse (z.B. Jugendkirche, Cityseelsorge an St. Jakob, Schwerpunktentwicklung der Langwassergemeinden).

Vor allem wird damit dem Prozess PuK ein Bärendienst erwiesen, der mit den Erfahrungen früherer professionell gestalteter Prozesse besser gelingen kann als ohne sie.

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Dekan Martin Ost, Markt Einersheim, Januar 2018

PuK ist ein weiterer Prozess der Selbstbesinnung unserer Kirche, den ich seit 1980, meinem ersten Amtsjahr, erlebt habe. Sie hatten immer zwei Teile:

  • Sie stellten – erstens – die Frage nach der Aufgabe unserer Kirche und wie man diese (endlich/besser/neu) umsetzen kann
  • und dann die nach Struktur und Ressourcen in personeller und finanzieller Hinsicht.

Der erste Teil war für viele unserer Ehrenamtlichen plausibel, sprachen Analysen und Fragen doch ihre eigenen Gedanken im Blick auf die nachkommenden Generationen an. Sie erlebten, wie "Kirche" bei ihren eigenen Kindern und Enkeln nicht mehr selbstverständlich zum Leben gehört. Hauptamtliche fanden sich mit ihren Fragen angesichts mancher Aktion mit wenig Echo hier aufgehoben. Dass sich die Fragen (und im Grund auch die Antworten) aber in all diesen Prozessen glichen, zeigt, was eine ehrliche und unparteiische Evaluation ermittelt hätte (die m.W. in keinem Fall stattfand): Dass man keine wirksamen Antworten auf die Fragen gefunden hat.

Wirkung hatten die Prozesse aber immer im Blick auf die Neuverteilung von Ressourcen. Das erhöhte die Motivation zur Bearbeitung der inhaltlichen Fragen nicht, denn es nährte den Verdacht, dass der eigentliche Zweck der Prozesse die Kürzung von Stellen und Geld und die Neuverteilung von Aufgaben ohne Neuzuweisung von Möglichkeiten sei.

Diesem Verdacht unterliegt auch PuK, zumal alle Kundigen seit langem wissen, dass die Zahl der PfarrerInnen zurückgehen und Strukturveränderungen deswegen unumgänglich sein werden. Wenn man sich nicht entschließen kann, diese Ressourcenfrage einfach nur sachlich zu klären (vielleicht im Vertrauen, dass man vor Ort dann sowieso auch inhaltlich die künftige Arbeit und das Wesen der Kirche bedenken wird), sollte unsere Kirche endlich die Realität wahrnehmen, Träume und steile Thesen zum Selbstverständnis verabschieden und mit der Wirklichkeit leben:

  • Die Wirksamkeit von Kirche in einer pluriformen Gesellschaft unterliegt denselben Einschränkungen wie die anderer gesamtgesellschaftlicher Organisationen wie Parteien, Gewerkschaften, Medien, Religionen usw.
  • Wir müssen uns verabschieden von der Vorstellung, kirchliche Aktionen, Worte oder Meinungen müssten von allen gehört werden und messbare Wirkungen haben, wie Kirche sie im ländlichen Raum im 19. Jahrhundert hatte.
  • Bei dieser Gelegenheit könnten wir auch wahrnehmen, wieviel Romantisierung in dieser Erinnerung an Kirche früher liegt und wieviel Verhängnis zudem der Einfluss von Kirche über Menschen gebracht hat bzw. wie begrenzt gültig ihre scheinbar ewigen Werte waren. Dass "die Menschen" lieber selbst denken als sich etwas sagen zu lassen, hat auch mit den schlechten Erfahrungen einer öffentlich wirksamen Kirche zu tun.
  • Kirche Jesu Christi war nie eine Sache aller oder auch nur der Mehrheit – selbst die Evangelien schildern es so, obwohl sie die Berichte von Begeisterten sind.
  • In mancher Vorstellung der Wirkung von Verkündigung spiegeln sich mehr die Machtphantasien von Menschen als die Wirklichkeit eines an dieser Realität leidenden und umstrittenen Gottes.
  • Mit den Menschen leben, ihnen zuhören, Antworten anbieten und es ihnen überlassen, sich für oder gegen das Evangelium zu entscheiden und gleichzeitig so reden, dass wir uns nicht im Besitz der einzigen Wahrheit glauben, sondern annehmen können, dass auch in befremdlichen Ideen ein Kern einer größeren Wahrheit stecken könnte – das hieße wirklich einen Dialog führen.
  • Die Vielfalt auch der Kirche(n) ernst nehmen statt das Profil zu schärfen (Stichwort "Erkennbarkeit der Marke") wäre eine Folgerung nach innen – zu richten aber auch an die Konservativen, die in jeder Vielfalt gleich die Wahrheit bedroht sehen und mit Auszug aus der Gemeinschaft drohen.

In vielen Dingen und an vielen Orten ist unsere Kirche gar nicht so schlecht und missachtet, wenn sie sich selbst nicht an ihren Träumen misst, deren Verwirklichung Gesellschaft wie Kirche eigentlich nur fürchten könnte. Dazulernen müssen wir im diskursiven Reden. Ob PuK dazu eine Beitrag leistet? Ich zweifle, ob der Aufwand an Geld und Zeit durch den Ertrag in diesem Fall gerechtfertigt wird.

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Brigitte Liwanetz, Reichenschwand, 30. Dezember 2017

Bei "Profil und Konzentration" handelt es sich meines Erachtens nur um eine Sparmaßnahme. Die Aussage lautet: es sollen Gemeinden auch in der Verwaltung zusammenarbeiten. Wie es praktisch aussieht, bleibt jedoch offen. In unserer ländlichen Gemeinde, die durch den letzten Landesstellenplan gekürzt wurde, steht das Thema Verwaltung ganz groß an. Wir können als Gemeinde leider unsere Pfarramtssekretärin nicht mehr als 9 Stunden in der Woche bezahlen. Die Pfarrerin mit einer 75% Stelle kümmert sich sehr um die Gemeinde, für die Verwaltung bleibt da keine Zeit mehr. So fallen Überstunden für die Sekretärin an und auch mit Hilfe von Ehrenamtlichen (die auch erst mal gefunden werden müssen) ist das fast nicht zu schaffen

Wenn ich dann die Leitsätze lese, die die Grundaufgabe sein sollen, frage ich mich wirklich, was die Landeskirche will. Nimmt eine Gemeinde ihren Seelsorgeauftrag ernst und soll dann noch nachhaltig und gerecht haushalten, geht das meines Erachtens nicht mehr zusammen. Es gibt ja auch Gemeinden, die nicht reich sind und trotzdem ihre denkmalgeschützten Kirchen Restaurieren und Instand halten müssen. Manchmal traut man sich gar nicht mehr, die Gemeindemitglieder um Spenden zu bitten, weil wieder ein Großprojekt ansteht.  Und wenn man nach einer Maßnahme, die genehmigt war und sehr günstig in Eigenregie gemacht worden ist, dann noch um bereits zugesagte Zuschüsse streiten muss, frage ich mich, wie die Kirche mit dem Satz "Not sichtbar machen und Notleidenden Helfen" umgeht. Oder sind da die Kirchengemeinden nicht mit gemeint?

Ich sehe schon ein, das wir "Raumübergreifend" arbeiten müssen, weil nicht jede Gemeinde mehr alles anbieten Kann. Aber das ist vor allem im Ländlichen Raum auch ein Transportproblem. Es fährt nicht alle halbe Stunde ein Bus. Aber auch Aussagen wie wenn der Weltgebetstag  nicht mehr nur bei uns ist, gehe ich nicht, erschwert Zusammenlegung von Veranstaltungen.

Für mich lautet die Aussage: Arbeitet zusammen und seht zu, wie ihr mit euren Ressourcen klarkommt.  Eine echte Hilfe ist das nicht.  In der Leitungsebene kann viel gesagt werden, wie die praktische Umsetzung erfolgt, interessiert dann keinen mehr. Wenn das Geld, das für diesen Prozess ausgegeben wird, direkt an die Gemeinden käme, wäre es für viele Gemeinden wirklich eine Erleichterung.