Es ist Sonntagmorgen. Die Glocken läuten. Menschen kommen in die Kirche. Sie nehmen sich ein Gesangbuch, begrüßen Bekannte und suchen sich einen Platz aus. Bevor sie sich setzen, bleiben viele noch einen Moment ruhig stehen. Warum tun sie das?

Es gibt da offensichtlich keine festen Regeln. Viele danken Gott. Andere bitten ihn um Besinnung, einen guten Gottesdienst, dass Gott zu ihnen spricht. Nur wenige können sagen, wer ihnen dieses Ritual erklärt hat. Sie haben es sich abgeguckt oder tun es, weil es andere auch tun. Andere versuchen, sich zu konzentrieren und sich innerlich auf den Gottesdienst einzustellen.

Menschen spüren wohl, dass der Gottesdienst etwas anderes ist als ein Kinobesuch. Da ist der Raum. Schön hergerichtet, oft alt und ehrwürdig. Kirchenfenster, Kanzel, Altar oder Abendmahlstisch verweisen auf biblische Geschichten und die Gegenwart Gottes. Viele Generationen von Menschen haben hier schon gebetet, gesungen, gelacht und geweint, geglaubt und gezweifelt.

Kirchen sind besondere Orte. Zur katholischen Tradition gehört das Hinknien und das Bekreuzigen. Vielleicht ist daraus im Protestantismus der Moment des Innehaltens geworden. Evangelische Christen wissen, dass Kirchengebäude nicht heilig sind. Dennoch spüren sie die Würde des Ortes und der Feier.

Vielleicht gut, dass es für dieses Ritual keine festen Regeln gibt. So kann es jeder für sich füllen. Oder sich einfach so hinsetzen. Ein Tabu ist das sicher auch nicht.

Der Theologe Karl Rahner hat einmal gesagt: "Ich glaube, weil ich bete." Deshalb kann es nicht falsch sein, diesen Moment vor dem Hinsetzen dafür zu nutzen. Es besteht keine Verpflichtung dazu. Aber wenn man sich unsicher ist: Beten geht immer.