Der Bund Naturschutz (BN) sieht zum Ende des Jahres 2019 "Rückenwind" aus der Bevölkerung für seine Anliegen, zeigt sich aber enttäuscht von den Umweltschutzbemühungen der bayerischen Staatsregierung. Als eine Reaktion hat der Verband am Montag in München für 2020 einen "echten Runden Tisch" angekündigt. Auch das heikle Thema Agrarsubventionen will der BN im neuen Jahr angehen - wenn möglich zusammen mit den bayerischen Landwirten.

Man habe der Koalition aus CSU und Freien Wählern im vergangenen Jahr einen "Vertrauensvorschuss" gegeben, sagte der BN-Vorsitzende Richard Mergner bei seiner Jahresbilanz. Bis auf das durch 1,7 Millionen Unterschriften für das Bienen-Volksbegehren "erzwungene Interesse am Thema Artenschutz" habe Ministerpräsident Markus Söder letztlich aber "mutlos" und "zaghaft" agiert.

Beim Thema Luftgrenzwerte habe es vonseiten der Staatsregierung gar Rückschritte gegeben. 

Mergner kritisierte zudem, Söder habe mit dem Terminus der "Verbotspolitik" ein "Unwort" geschaffen: "Natürlich brauchen wir Gebote, Verordnungen, Regeln und Gesetze", betonte der BN-Chef. Der Landesbeauftragte des Verbandes, Martin Geilhufe, rügte, Söder habe zwar das Kabinett mit Besuchen auf der Zugspitze oder im Münchner Hofgarten zu einem "permanenten Wanderzirkus" gemacht, bis auf Symbolpolitik sei aber wenig geschehen. So habe die Koalition etwa die Anliegen der Klimaschutz-Bewegung Fridays for Future "völlig missachtet". Ebenso müsse sich beim Thema Flächenverbrauch mehr tun.

Der Umweltschutzverband will deshalb im kommenden Jahr selbst in die Offensive gehen. Geplant sei unter anderem ein "echter Runder Tisch", zu dem man gesprächsbereite Landwirte, aber auch Verbraucherzentralen, Handelsunternehmen und "innovative Stadtwerke" einladen wolle, sagte der BN-Landesvorsitzende Richard Mergner. Ziel seien unter anderem ein ökologischer "Landwirtschaftsvertrag" sowie - auf EU-Ebene - eine Neugestaltung der Agrarförderung. Auf dem Wunschzettel des BN stehen für 2020 Mergner zufolge aber auch ein Tempolimit für die Autobahnen und eine "echte Bürgerenergiewende" in Richtung Sonne und Wind.

Chancen auf Erfolge sieht der Verband durchaus gegeben.

Beim Thema Umgestaltung der Landwirtschaft gebe es unter den Milchviehhaltern, aber auch in Teilen des Bayerischen Bauernverbandes Gesprächsbereitschaft - und den Standpunkt, dass das "Bashing" von Verbrauchern der falsche Weg sei, sagte Mergner mit Blick auf eine Großdemo der Landwirte im Herbst in Berlin.

Mit Hilfe einer klaren Kennzeichnungspflicht, Aufklärung für Verbraucher und einem Stopp für "unfaire Handelsabkommen", sei es hingegen durchaus möglich, höhere Preise zu erzielen und den Landwirten so ein auskömmliches Wirtschaften zu ermöglichen. Zugleich müssten öffentliche Subventionen am Wert der landwirtschaftlichen Arbeit für die Gemeinschaft und nicht an der Fläche bemessen werden.

Auch beim ökologisch-sozialen Umbau der Autoindustrie fehle es der Staatsregierung an Initiative, sagte Geilhufe. Angesichts vieler tausend Arbeitsplätze in Bayern müsse der Freistaat nun schnell zu einem "Standort einer echten Zukunftsindustrie" werden.

Ein wichtiger konkreter Termin für den Umweltschutz in Bayern seien aber auch die Kommunalwahlen 2020.

"Der Klimawandel wird nirgendwo so deutlich wie vor Ort", betonte Geilhufe. So machten "Tropen-Nächte" mittlerweile vielen Menschen zu schaffen. Auch Söder habe ein trockenheitsbedingtes "Waldsterben 2.0" unter anderem beim Kiefern-Bestand in Unterfranken als Zeichen für das "Näherrücken des Klimawandels" wahrgenommen.

Positiv beurteilte der BN die Entwicklung des Umwelt-Engagements der Menschen in Bayern: Millionen Teilnehmer bei Klimaschutz-Demonstrationen sowie die 1,7 Millionen Unterschriften für das Bienen-Volksbegehren wertete Mergner als "enormen Rückenwind". Der Verband verzeichnete nach eigenen Angaben 2019 zudem ein "Rekordwachstum" um 15.000 Menschen auf nunmehr 250.000 Mitglieder und Förderer.