Vor zwanzig Jahren starb der Nürnberger Ludwig Göhring - Kommunist, KZ-Häftling und Deserteur. 1933 wurde er wegen der Herstellung illegaler Zeitungen verhaftet und in fünf verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert. 1944 wurde er gezwungen, Soldat der SS-Sturmbrigade Dirlewanger zu werden. Er floh jedoch und schloss sich der Roten Armee an. Ein Bündnis in Erlangen möchte an Göhring und andere, die sich Hitlers Vernichtungskrieg entzogen, erinnern. "Das waren mutige Menschen, die den Wahnsinn des Krieges nicht mehr mitmachen wollten", sagt Manfred Kirscher.

Zusammen mit weiteren Friedensaktivisten hatte er 2018 im Erlanger Röthelheimpark das Schild "Platz des unbekannten Deserteurs" aufgestellt, um eine öffentliche Diskussion anzustoßen. Zuerst wurde das Schild mit Farbe beschmiert, jetzt wurde es samt Stange und Betonfuß entwendet. Aber Kirscher gibt nicht auf. "In den kommenden Wochen werden wir ein neues Schild anbringen", erklärt er. Nun möchte er den Stadtrat mit einbinden. Schon 2010 hatten dort die Grünen gefordert, eine Straße oder einen Platz nach Deserteuren zu benennen.

Friedensaktivisten für Platz des Unbekannten Deserteurs

Auch Erlangens zweite Bürgermeisterin Elisabeth Preuß kann sich eine solche Straßenbenennung vorstellen. Sie sei "dem Kreis der Friedensaktivisten dankbar, dieses Thema immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken", so die Erklärung. Jeder "Platz des Unbekannten Deserteurs" unterstreiche die unfassbaren Menschenrechtsverletzungen von Krieg.

In Tübingen ist man hinsichtlich der Umbenennung von öffentlichen Plätzen schon weiter. Dort hatte der Gemeinderat 2007 aufgrund einer Bürgerinitiative einen Ort in "Platz des unbekannten Deserteurs" umbenannt. In Bayern existiert noch keine solche Adresse. Erlangen wäre also Vorreiter.

Im Freistaat gibt es nur Gedenktafeln oder -stelen, die an hingerichtete Deserteure erinnern. Etwa im unterfränkischen Ebern, wo im April 1945 vier Wehrmachtsangehörige exekutiert wurden, oder in Ingolstadt. Dort starben bis Kriegsende 75 Soldaten durch das Kriegsgericht.

Für Ludwig Göhring gibt es mittlerweile schon einen Erinnerungsort. Die Naturfreunde Nürnberg brachten im Juni eine Gedenktafel an der Höhle an, in der er die Schriften gegen die Nationalsozialisten vervielfältigte. Sie wollen damit angesichts des Rechtsrucks in Deutschland und Europa und dem Erstarken faschistischer Bewegungen an Göhring als Widerstandskämpfer und Vorbild erinnern, schreiben sie auf ihrer Homepage. Göhring schrieb seine Erinnerungen in dem Buch "Dachau, Flossenbürg, Neuengamme" nieder.

Rund 30.000 Deserteure, Verweigerer und "Kriegsverräter" wurden von der NS-Militärjustiz zum Tode verurteilt. Die Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz setzte sich für deren Rehabilitierung ein. 2002 wurden die NS-Urteile gegen Deserteure und Wehrdienstverweigerer aufgehoben, 2009 auch gegen sogenannte "Kriegsverräter".

Biografie Ludwig Göhring

Ein Foto und eine Biografie von Ludwig Göhring als PDF ist im "Offenen Archiv" der KZ-Gedenkstätte Neuengamme hier zu finden.