Das Gute-Kita-Gesetz des Bundes ist im Januar 2019 in Kraft getreten. Die Bundesländer dürfen daher bis zum Jahr 2022 insgesamt 5,5 Milliarden Euro Umsatzsteuer mehr einbehalten und in Kindertageseinrichtungen stecken. Dirk Rumpff ist im Evangelischen Kita-Verband Bayern mit Sitz in Nürnberg Vorstand für Recht und Finanzen. Dieser Zusammenschluss von ungefähr 1.400 Einrichtungen organisiert unter anderem zentrale Dienste wie die Beratung von Krippen, Kindergärten und Horten. Nach außen hin vertritt der Kita-Verband deren Interessen politisch.

Herr Rumpff, wo wird Bayern das erwartbare Geld investieren?

Dirk Rumpff: Die bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Kerstin Schreyer (CSU) hat zuletzt betont, das Geld soll tatsächlich in die Qualität der Kinderbetreuung fließen - und nicht in die schon beschlossene Beitragsunterstützung.

Wie stehen Sie als Vorstand des Evangelischen Kita-Verbands Bayern zu dieser Akzentuierung?

Rumpff: Grundsätzlich positiv, wenn es denn so kommt. Wir finden es beim Ausbau der Qualität besonders wichtig, die Kita-Leitungen zu stärken. Politisch lässt sich zwar die Beitragsunterstützung besser verkaufen. Eltern wünschen sich in der Mehrheit aber in erster Linie eine höhere Qualität der Kinderbetreuung. Es darf dabei nicht übersehen werden, dass die Verwaltung der Beitragsunterstützung, die in den Einrichtungen geleistet werden muss, einen höheren Aufwand bedeutet, der besser für die pädagogische Arbeit verwendet werden sollte. Die 290 Millionen Euro jährlich, die in die Beitragsunterstützung fließen, helfen keiner Kita dabei, die Bildung und Betreuung qualitativ zu verbessern. Umso wichtiger ist es, dass Bayern nun auch über die Mittel des Gute-Kita-Gesetzes hinaus in die Qualität investiert.

Wie möchten Sie die Kita-Leitungen stärken?

Rumpff: Die Leitung ist Dreh- und Angelpunkt einer guten Kita - ein Team kann nur so stark sein wie seine Leitung. Erforderlich sind gut qualifizierte Leitungen und ein durchgängig festgelegtes Zeitkontingent für Leitungsaufgaben von mindestens 20 Stunden für jede Einrichtung. Das muss entsprechend finanziert werden.

Nach welchen Kriterien wird das Geld verteilt?

Rumpff: Da die Gelder über die Umsatzsteuer verteilt werden, erfolgt die Verteilung maßgeblich über die Einwohnerzahl und die Steuerkraft des jeweiligen Bundeslandes. Tatsächliche Bedarfe der Kinderbetreuung spielen hier keine Rolle. Das ist im Vorfeld des Gesetzesbeschlusses durchaus kritisiert worden.

Und wie fließt das Gute-Kita-Geld zu den einzelnen Kindergärten?

Rumpff: Das ist noch gar nicht ausgehandelt. Wir hoffen stark, dass das Versprechen, eine Finanzierung von Leitungsaufgaben vorzunehmen, auch in die Praxis umgesetzt wird. Und auch über den empfohlenen Personalschlüssel in Kitas wird zu reden sein.

Weil seit 2013 jedes Kind Anrecht auf einen Krippenplatz hat, werden Kitas immer noch ausgebaut. Bringt das Vorteile, weil größere Häuser sich auch mehr Gemeinschaftseinrichtungen leisten können?

Rumpff: Es gibt keinen Automatismus zwischen quantitativem Wachstum und höherer Qualität. In der Tendenz haben größere Kitas tatsächlich mehr Handlungsspielraum, finanziell und personell. Im Gegenzug ist eine kleine Kita natürlich viel überschaubarer und entspricht damit eher den Wünschen vieler Eltern.

Können sich große Kitas nicht per se bessere Baulichkeiten leisten?

Rumpff: Insbesondere bei der Finanzierung von Investitionen stellen wir eher regionale Unterschiede als Unterschiede in der Größe fest. Da die Kita-Finanzierung vorrangig eine kommunale Aufgabe ist, ist hier wesentlich, welche Bedeutung die Bildung und Betreuung von Kindern in der jeweiligen Kommune hat.

 

Was der Evangelische KITA-Verband Bayern ist, erklären wir hier.

Gute-Kita-Gesetz: Was in dem Gesetz steht

Das "Gute-Kita-Gesetz" will laut Ministerium eine gute, qualitativ hochwertige Kindertagesbetreuung sicherstellen. Dabei soll es vor allem auf diese zehn Punkte ankommen:

1. Bedarfsgerechtes Angebot: z.B. Erweiterung der Öffnungszeiten

2. Guter Betreuungsschlüssel: mehr Fachkräfte in den Kitas, die sich indivi-dueller mit weniger Kinder beschäftigen können

3. Qualifizierte Fachkräfte: z.B. Optimierung der Ausbildung, bessere Unter-stützung durch Fachberatung

4. Starke Kitaleitung: z.B. mehr Zeit für wichtige Leitungsaufgaben

5. Kindgerechte Räume: z.B. angemessene Innen- und Außenflächen, bil-dungsförderliche Raumgestaltung und Ausstattung

6. Gesundes Aufwachsen: z.B. gesunde und ausgewogene Ernährung, För-derung der Bewegung, Gesundheitsbildung

7. Sprachliche Bildung: z.B. Verankerung der sprachlichen Bildung in den Kitaalltag

8. Starke Kindertagespflege: z.B. Qualifizierung von Kindertagespflegeper-sonen, Sicherstellung verlässlicher Vertretungsregelungen

9. Netzwerke für mehr Qualität: z.B. Stärkung der Zusammenarbeit inner-halb der Kitateams, mit dem Träger, dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Sicherstellung von Qualitätsentwicklung und Monitoring

10. Vielfältige pädagogische Arbeit: z.B. stärkere Beteiligung und Schutz von Kindern, inklusive pädagogische Angebote

 

Außerdem sollen die Gebühren verringert werden. Dazu gehören folgende drei Punkte:

1. Bundesweit verpflichtende soziale Staffelung von Elterngebühren: Krite-rien hierfür können Einkommen, Anzahl Kinder und Betreuungszeit sein.

2. Bundesweite Beitragsbefreiung für Familien mit geringem Einkommen: Neben Empfängern von Leistungen nach SGB II, XII und AsylbLG auch erst-malig Bezieher von Wohngeld und Kinderzuschlag. Damit haben bundesweit 1,2 Millionen Kinder Anspruch auf einen beitragsfreien Kitaplatz.

3. Verankerung einer Beratungspflicht über die Beitragsbefreiung

(Quelle: Gute-Kita-Gesetz, Bundesfamilienministerium, Januar 2019)