Reza Sharifi kann stolz auf sich sein: Erst seit knapp zwei Jahren lebt der 19-jährige Flüchtling aus Afghanistan in Deutschland. Nun schaffte er das Unerwartete: Mit einem Notendurchschnitt von 2,0 machte er den Hauptschulabschluss an der Realschule plus Hambach/Maikammer - als Bester des gesamten neunten Jahrgangs. Nun hat Reza, der vor dem Terror der radikalislamischen Taliban ohne seine Familie flüchtete, eine Lehre als Mechatroniker begonnen.

Mit Fleiß und Mut hat es der blitzgescheite junge Mann geschafft: "Ich wollte einmal der Beste sein in meinem Leben", sagt Reza, der aus der Stadt Nahor in der afghanischen Provinz Ghazni stammt. Als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling kam er nach Deutschland und wird seither vom Christlichen Jugenddorfwerk (CJD) Rhein-Pfalz/Nordbaden betreut. Derzeit lebt er in einer Wohngruppe in Neustadt an der Weinstraße.

Unglück macht anfällig für Rattenfänger

Mehr als 30 junge Männer zwischen 16 und 19 Jahren aus Afghanistan, Syrien, Somalia, Iran, Eritrea und anderen Krisengebieten werden derzeit in Wohngruppen des Berufsbildungswerks in Neustadt und im rheinhessischen Osthofen betreut. Zehn junge Männer absolvierten in diesem Jahr nach nur einjährigem Schulbesuch die Hauptschule. Zwei bis drei weitere strebten den Realschulabschluss an, berichtet CJD-Sprecherin Jutta Blankenburg. Mehr als 42.300 minderjährige Flüchtlinge waren im vergangenen Jahr in der Obhut von deutschen Jugendämtern - so viele wie noch nie.

"Alles ganz super", versichert Reza, der nichts auf seine Betreuer sowie seine Mitschüler und Lehrer kommen lässt. Überglücklich ist der junge Afghane, eine Chance zu bekommen, und er greift sie mit beiden Händen. Bei einem Praktikum in einem Autohaus in Kirrweiler wurde ihm eine Ausbildung angeboten. "Ganz schön schwer" sei der theoretische Teil, erzählt Reza, der später seinen Meister machen will.

Nicht alle jungen Flüchtlinge haben eine Erfolgsgeschichte wie Reza, der über Schlepper und einen türkischen Lkw-Fahrer schließlich zur Aufnahmestelle nach Trier kam. Sieben Jahre ging er in Afghanistan zur Schule, musste nebenher in der Landwirtschaft seiner Eltern mitarbeiten. Manche Flüchtlinge seien Analphabeten, denen es schwerfalle, in ihrer neuen Heimat Fuß zu fassen, sagt er.

Unter Leistungsdruck

Junge männliche Flüchtlinge stünden unter einem immensen Stress. Viele hätten Probleme, Deutsch zu lernen, und sie litten unter Versagensängsten: "Das macht ihren Kopf kaputt", erzählt Reza und berichtet von einem Freund, der krank geworden sei. Das persönliche Unglück könne den ein oder anderen auch anfällig für islamistische Rattenfänger machen.

Beim Lernen wird Reza von der 22-jährigen Laura Schmitt aus Speyer unterstützt, die beim CJD ihr freiwilliges soziales Jahr macht. Entsetzt ist Reza über die jüngsten Terroranschläge, die auch Flüchtlinge in Verruf brächten. "Der Terrorismus hat nichts mit den Flüchtlingen zu tun", betont er. Der Islam werde von Terroristen missbraucht, auch in seinem Herkunftsland.

Sein Vater habe Geld für seine Flucht besorgt und ihn weggeschickt, "damit einer von der Familie überlebt", wie er sagt. Für Frauen und Mädchen sei die gefährliche Flucht nach Europa kaum möglich.

Die Terrorgefahr sei ein Thema, wenn die jungen Flüchtlinge abends in ihrer Neustadter CJD-Wohngruppe zusammensitzen, erzählt Reza. Um einen Anschlag zu verhindern, würde er auch einem Terroristen in den Arm fallen, sagt der 19-Jährige, der am liebsten Polizist geworden wäre. "Auch wenn ich dabei sterbe."

Dossier Flucht und Asyl

Weltweit sind etwa 65 Millionen Menschen auf der Flucht. Auch in Bayern suchen viele Schutz. Wie geht es den Flüchtlingen hier? Welche Erfahrungen machen Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit? Lesen Sie das und mehr in unserem Dossier "Flucht und Asyl" .