Zwischen 1775 und 1782 erschien in Leipzig mit der Zeitschrift »Der Kinderfreund« die erste Zeitschriftenreihe für Kinder mit einer Mischung aus Sachtexten, Gedichten, Bildern oder Rätseln, aber auch moralischen Erzählungen und Stücken. Ganz im Geiste der »Aufklärung«, die rationales Denken, Tugend und Moral vermitteln wollte. Wie es auch das Ansinnen von Christian Felix Weiße war, der den »Kinderfreund« herausbrachte und heute als einer der Begründer der deutschen Kinder- und Jugendliteratur gilt.

1777 veröffentlichte er in seiner Zeitschrift ein Schauspiel, in dem ein Junge aus einfachen Verhältnissen zwei adelige Kinder vor dem Ertrinken rettet. Deren Eltern möchten sich bei »Töffel« bedanken. Doch der will kein Geld und keine Schokolade: »Lassen Sie mich was lernen«, lautet sein Wunsch. Und künftig genießt der Bursche dieselbe Bildung wie die beiden reichen Kinder, die bald auch seine Freunde werden.

Toleranz und Miteinander?

Eine Geschichte wie ein Märchen, könnte man meinen. Seit ein paar Wochen erarbeiten sich Nelli Lunkenheimer (13), Sanna Fabian (14) und Tom Dürrschmidt (14) mit Schulkameraden und Lehrer Peter Mattner, der am Nürnberger Melanchthon-Gymnasium den Kurs »Pluslernen« zur Förderung besonders begabter Schüler leitet, das Stück für die Aufführung im LAELKB. Zuerst wunderten sich die jungen Leute, als sie sich den Stoff zu Gemüte führten: Bildung für jedermann, ohne Blick auf die Herkunft und den Geldbeutel der Eltern? Toleranz und Miteinander? Das ist doch eigentlich ganz normal. Heutzutage.

»Es ist aber vielleicht gut, sich immer wieder zu vergegenwärtigen, dass diese Dinge eben nicht selbstverständlich sind«, erklärt Nelli. Auch wenn es für sie als eine junge Nürnberger Gymnasiastin eher ungewöhnlich klingt, dass ein Kind sich vor allem Bildung wünscht, müsse man mit Blick in die Gegenwart erkennen, dass keinesfalls alle Kinder dieser Erde in die Schule gehen können, ergänzt Sanna. Das immer strahlende Mädchen hat eine ganz untypische Rolle erwischt: »Ich muss die adelige Mutter spielen, die immer ein bisschen fies ist«, lacht die 14-Jährige.

Seltsame Sprache

Rollentauschen und sich in andere hineinversetzen, das haben die beiden Mädchen aber bereits in der Theatergruppe ihrer Schule geübt. Für Tom dagegen ist die Bühne Neuland. Und auch die Gedankenwelt und die Sprache der Zeit der Aufklärung sind für ihn eine neue Erfahrung. »Ein Herz wie das deine ist es nicht wert, in Dunkelheit zu schmachten« ist einer seiner Sätze, die erst mal schwer über die Lippen gehen, nach einigen Wochen Probe aber jetzt flutschen.

Zu den Schauspielern gesellen sich aus dem rund 30-Köpfe-starken Kurs noch weitere Teams, die sich mit Themen aus dem LAELKB befasst haben, etwa ein »Was bin ich?«-Quiz veranstalten; außerdem das Streicherensemble der Schule. Sie alle stellen nun nach der »langen Luther-Nacht« 2017 zum zweiten Mal ein Projekt gemeinsam mit dem benachbarten Archiv auf die Beine.