Der Blick von Matine Rauh auf ihr Spiegelbild ist angespannt. Monatelang hat sich die 28-Jährige ihre Haare lang wachsen lassen. Es ist nur ein kurzer Moment. Dann setzt Friseurmeisterin Kerstin Schmid die Schere an und schnippschnapp: der erste Zopf ist ab. Nervös wird Rauh von ihren drei Begleiterinnen beäugt. Zwei von ihnen steht der Schnitt mit der Schere noch bevor. "Du siehst super aus", beteuern sie. Zusammen bilden sie das Administratoren-Team der Facebook-Gruppe "Regensburger Mamis". Im Januar riefen die vier auf der virtuellen Plattform auf, sich die Haare wachsen zu lassen, um sie im Herbst gemeinsam abzuschneiden. Mit der Aktion wollen sie ein Unternehmen unterstützen, das aus Echthaar Perücken für kranke Menschen herstellt.

"Der Zopf muss mindestens 25 Zentimeter lang sein, damit er gespendet werden kann",

erklärt Nadine Gregor, die aufgrund ihrer Kurzhaar-Frisur nicht als Spenderin infrage kam. "Wir hoffen, dass sich etwa 25 Mamas an der Aktion beteiligen", erklärt die 33-Jährige. In der Gruppe seien schon die ersten Vorher-nachher-Fotos gepostet worden. "Als Administratoren wollen wir mit gutem Beispiel vorangehen", betont Carmen Schöckle, die mit der größten Veränderung überraschen wird: Ihr abgeschnittener Zopf misst 50 Zentimeter und ist einer kompletten Kurzhaar-Frisur gewichen. "Es fühlt sich noch ein wenig komisch an", sagt die 31-Jährige und ist gespannt, was ihr Mann zu der Typveränderung sagen wird.

Die Zöpfe sind ab: (von links): Romana Humbs, Matine Rauh, Nadine Gregor und Carmen Schöckle.

Bis in den Oktober wurden nun Zöpfe gesammelt und im Anschluss an das Projekt "Haare-spenden.de" versendet. Für jede Haarspende überweist das Unternehmen Geld an ein soziales Projekt, heißt es auf der Homepage. "Wir wollen versuchen, dass die Firma eine Einrichtung in Regensburg unterstützt", sagt Gregor: "Bei unseren Aktionen ist uns der regionale Bezug wichtig."

Vom virtuellen Kaffeeklatsch zum Netzwerk

Im Jahr 2013 wurde die Facebook-Gruppe von Romana Humbs gegründet, die ebenfalls zu den Haarspenderinnen zählt. Was als virtueller Kaffeeklatsch begann, hat sich zu einem großen Netzwerk mit mehr als 1.800 Mitgliedern entwickelt. "Mütter aus Regensburg und dem Umland tauschen online ihre Erfahrungen aus und knüpfen Kontakte zu anderen Müttern", sagt Gregor. Von Anfang an habe es auch reale Treffen gegeben. Inzwischen verabreden sich über die Gruppe schwangere Frauen, es gibt Mutter-Kind-Nachmittage und monatlich einen Mami-Abend. "Den müssen sich die Papas ganz dick und rot im Kalender anstreichen", sagt Humbs.

In Untergruppen verkaufen Mütter sich gegenseitig alles, was im Alltag mit Kindern so anfällt; es wird genäht, gemeinsam abgespeckt sowie Sport getrieben. "Für jede Mama ist etwas dabei", erklärt die 31-Jährige. Doch auch der soziale Gedanke spielt in der Gruppe eine große Rolle. Das beginne schon beim Umgang miteinander auf der virtuellen Plattform. "Uns ist wichtig, dass es freundlich und respektvoll zugeht", betont Gregor. Natürlich stehen Spaß und gegenseitige Unterstützung im Vordergrund, aber die Administratoren wollen mehr: "Wenn wir schon so eine große Gruppe haben, dann muss man damit auch etwas anstellen können", erklärt Humbs. "Wir wollen andere dazu bewegen, nicht nur zu reden, sondern auch zu handeln", ergänzt Gregor.

Die Haarspenden-Aktion ist bereits das dritte soziale Projekt, das die Mamas gemeinsam auf die Beine gestellt haben. Begonnen haben sie damit, in der Gruppe für den sogenannten "Piekskorb" der Kuno-Kinderklinik kleine Geschenke zu sammeln. Aus diesem Piekskorb dürfen sich junge Patienten nach einer schmerzhaften Behandlung als Trost etwas aussuchen. Die Spendenbereitschaft war groß. "Viele waren froh, einen Beitrag leisten zu können und zu helfen", sagt Gregor.

Beim nächsten Projekt unterstützten die Mamas das Regensburger Frauenhaus. Sie riefen online auf, Schuhkartons mit kleinen Geschenken und Gutscheinen zu packen, um sie der Einrichtung zur Verfügung zu stellen. "Frauen und Kinder, die dort ankommen, haben oft gar nichts dabei", erklärt Gregor. "Wir wollten, dass sie etwas haben, was ihnen gehört und worüber sie sich freuen." 107 Kartons kamen zustande.

In der Facebook-Gruppe erfahren die Administratorinnen viel Zuspruch für ihre Aktionen. "Das motiviert natürlich", sagt Gregor. Wenn es nach ihnen geht, soll es mit den Hilfsaktionen weitergehen: "Wir sind schon dabei, uns wieder etwas Neues auszudenken."