Es passierte beim Wandern vor zwölf Jahren. Zusammen mit seinem Bruder kam Sebastian Wächter aus Würzburg auf etwa halber Strecke an einem Bach an, den sie überqueren mussten. Wächters Bruder sprang locker drüber. Er selber blieb mit dem Fuß an einer Wurzel hängen, stürzte in den Bach und brach sich den fünften Halswirbel. "Die Folge war die Querschnittslähmung, die ich seitdem habe", sagt der Mann, der damals 18 Jahre alt war.

Von einem Tag auf den anderen konnte mehr als 90 Prozent seiner Muskeln nicht mehr bewegen. Trotzdem klingt sein weiterer Lebenslauf wahnsinnig aktiv: Wächter machte Abitur, studierte Wirtschaftsmathematik und absolvierte ein Auslandssemester.

Auch der Sport wurde wieder ein wichtiger Teil seines Lebens. "Ich war vor meinem Unfall schon Teamsportler", erklärt er. Nach dem Unfall begann er, Rollstuhl-Rugby zu spielen. Inzwischen ist er in der Sportart Bundesligaspieler. "Es macht einfach total viel Spaß."

Sebastian Wächter im Grand Canyon
Sebastian Wächter im Grand Canyon. Er reist und absolvierte sogar ein Auslandssemester.

"Barrierefrei im Kopf": Wächter gründet eigene Firma

Natürlich hatte auch Wächter nach dem Unfall mit seinem Schicksal gehadert - aber es letztlich tatsächlich geschafft aus dem negativen Gedankenkreis auszubrechen. Dabei war vor allem ein Moment entscheidend, betont Wächter: Er sei angesprochen worden, ob er anderen Rollstuhlfahrer Perspektive geben möchte - und bemerkte so, dass er Fähigkeiten hatte, die auch anderen Leuten helfen können.

Später begann Wächter, die Coachings auch Fußgängern anzubieten. Was für ihn als Ehrenamt begann - mit dem verdient er heute Geld. "Inzwischen haben wir unsere eigene Firma gegründet", sagt der Mentaltrainer.

Von Vorträgen über Workshops bis hin zu Coachings für einzelne Personen, Teams und Unternehmen bietet der 30-Jährige alles an: "Was ich den Leuten geben kann, ist eine neue Perspektive." Seiner Meinung nach müsse jeder für sich erkennen, wo er sich selbst im Weg stehe. Erst dann könne man das Potenzial ausschöpfen, das in einem stecke. Und das gelte für Menschen und Unternehmen gleichermaßen. Seine Firma hat der deshalb passend benannt: "Barrierefrei im Kopf".

Sebastian Wächter, Gewinner des "European Speaker Award 2019"
Mentaltrainer Sebastian Wächter (im Bild vorne) ist am 12. Juli 2019 in Stuttgart mit dem European Speaker Award 2019 ausgezeichnet worden. In der Jury saßen unter anderem (v.l.): Luise Kraemer (Daimler), Christian Schlag (Siemens), Stefanie Kropp (Lufthansa), Gertrud Eifler (Deutsche Hospitality), Dr Oliver Friedrichs (Bosch).

"European Speaker Award": Wächter wird ausgezeichnet

Mit seinem unkonventionellen Konzept konnte Sebastian Wächter im Juli 2019 den "European Speaker Award 2019" gewinnen. In der Jury saßen Vertreter von großen Unternehmen wie Daimler, Lufthansa und Siemens.

Vielleicht waren die ja auch von seiner unkonventionellen Vorgehensweise beeindruckt: Bei seinen deutschlandweit einzigartigen Workshops fahren die Teilnehmer und Teilnehmerinnen nämlich einen Tag lang selbst im Rollstuhl durch Würzburg und sehen dadurch sowohl Probleme als auch Lösungsansätze aus einer ganz neuen Perspektive.

Außerdem ist dem Coach ein lockerer Umgang bei den Vorträgen wichtig. Der ein oder andere Rolli-Witz ist da durchaus inklusive. Mit Selbstironie und Humor möchte Wächter die Distanz zu seinen Zuhörern brechen und Berührungsängste abbauen. "Die wissen dann: Mit dem kann ich ganz normal umgehen."

In seinen Vorträgen möchte er den Menschen Mut machen. "Ziel ist, den Leuten zu zeigen, wie sie aus der Opferrolle herauskommen und ein selbstbestimmtes Leben führen können."