Für ein Forschungsprojekt zur Geschichte der Spätantike erhält der Bamberger Wissenschaftler Peter Riedlberger einen europäischen Forschungspreis von zwei Millionen Euro. Riedlberger bekommt die Förderung des Europäischen Forschungsrats, einen sogenannten "ERC Consolidator Grant", nachdem er bereits 2015 einen "ERC Starting Grant" von 1,5 Millionen Euro erhalten hatte, wie die Otto-Friedrich-Universität Bamberg mitteilte. Laut dieser gelten die Grants wegen der außerordentlichen Anforderungen an Kandidaten als "prestigeträchtigste individuelle Forschungspreise".

Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) sagte, die Auszeichnung für Riedlberger mache deutlich, wie "wegweisend" die Forschung in Bayern auch in den Geisteswissenschaften aufgestellt sei. Insgesamt gingen 16 "Consolidator Grants", die alle mit bis zu zwei Millionen Euro hinterlegt sind, an Wissenschaftler an bayerischen Hochschulen.

Wie sich Gesetze in der Spätantike verbreiteten

Der Preis ermöglicht es Riedlberger und seinem Forschungsteam ab 2021, spätantike Konstitutionen zu untersuchen. In der Spätantike von circa 300 bis 600 n. Chr. sei die Gesetzgebung in Form von Konstitutionen erfolgt, hieß es.

Diese Texte entsprächen nicht den heutigen Erwartungen an Gesetze: Statt prägnant, klar und leicht verständlich zu sein, seien sie in anspruchsvoller Prosa verfasst. Zudem verbergen sie ihren juristischen Kern inmitten eines umfangreichen Textes.

Viele dieser komplexen Texte seien nach einem ausgeklügelten System publiziert worden, erklärte Riedlberger. Sie hätten selbst kleine Orte erreicht, in denen sie dann oft öffentlich ausgehängt und vorgelesen wurden. "In einer Welt ohne Fernsehen oder Zeitungen stellten die neu eingetroffenen Konstitutionen womöglich die wichtigste Verbindung zur übrigen Welt dar", so der Historiker, der drei Doktortitel innehat.

Schon damals gab es Propaganda

Erwartbar sei, dass der Inhalt der Texte propagandistisch sei - schließlich führten ihre Verbreitungswege dazu, dass der Kaiser über die Texte die meisten seiner Untertanen direkt erreichen konnte. Dies sei aber nicht der Fall, so der Forscher. Statt die Probleme zu beschönigen, bevorzugten mehrere Kaiser ein offenes Vorgehen: Sie gaben etwa zu, dass barbarische Angriffe gefürchtet werden müssten oder dass ein früheres Gesetz problematisch war.

Die übrigen 15 Auszeichnungen gingen laut Wissenschaftsministerium an Forscher der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (6 Grants), der Technischen Universität München (4), der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg (1), der Universität Regensburg (1), der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (1) und des Universitätsklinikums Erlangen (2).

Die Forschungsprojekte reichen von Politik und Archäologie über Medizin, Chemie und Physik bis hin zu Wirtschaftswissenschaften und Biowissenschaften.