Das spirituelle Leben eines Individuums muss vertikal zu Gott erweitert werden und horizontal zu anderen Seelen.

Und je mehr es in beiden Richtungen wächst, desto weniger wird es individuell und damit wahrhaft persönlich werden.

 

Mich erinnern diese aktuell klingenden Worte von Evelyn Underhill an ein christliches Gebärdengebet aus dem 2. Jahrhundert: Ich stehe aufrecht da, getragen vom Boden. Ich spüre in die Fingerspitzen und von da in die Außenkanten der Fußsohlen, spüre mich lebendig in dieser gedachten Verbindung.

Meine Arme steigen seitlich vom Körper bis in die Horizontale. So stehe ich im Kreuz meines Lebens, hineingestellt in Trauriges und Schönes. Ich wende die Handflächen nach oben, bin empfangend im Kreuz meines Lebens.

Meine Arme steigen weiter auf, ich bilde den vertikalen Balken des Kreuzes, geöffnet zum Licht. Die Hände schließen sich, senken sich leicht auf den Scheitel: Gott, fülle mich mit deinem Geist!

Die geschlossenen Hände sinken vor Stirn und Augen: Lass mich erkennen deine Wunder! Die geschlossenen Hände sinken vor Lippen und Kehlkopf: Was ich erkenne, lass mich bekennen!

Die Hände sinken vor die Brust und werden zur Schale: Und lass es in meinem Herzen wohnen! Die Hände bilden einen Kreis vor dem Bauch, ich gehe ein wenig in die Knie bei aufrechtem Oberkörper: In meinen Vitalkräften willst du dich gestalten.

Die Hände werden Schale vor dem Becken, der Kopf geht Richtung Brust: In Demut nehme ich mein Maß (Zeit, Körperkraft etc.) der Möglichkeiten an. Ich führe die Hände zur Erde, Knie gebeugt, Kopf, Schultern und Arme hängen: Vor dir lasse ich alle Erwartungen und Pläne los.

Ich schöpfe mit beiden Händen aus der Erde, was mich speist und tränkt, und richte mich auf. Ich breite die Arme aus und teile, was ich empfange. Ich bekomme zurück und nehme es ans Herz mit übereinandergelegten Händen. Ich schließe die Hände

und verneige mich vor dem Geheimnis des Lebens. Amen.