Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde,
da hatte ich immer weniger zu sagen.
Zuletzt wurde ich ganz still.

Ich wurde, was womöglich noch ein größerer Gegensatz zum Reden ist,
ich wurde ein Hörender.

Ich meinte erst, Beten sei Reden.
Ich lernte aber, dass Beten nicht bloß Schweigen ist, sondern Hören.

So ist es:
Beten heißt nicht, sich selbst reden hören.
Beten heißt:
still werden und still sein und warten,
bis der Betende Gott hört.

 

WAS WAR DAS FÜR EIN MENSCH? Als tief überzeugter Christ und gleichzeitig scharfer Religionskritiker, als schwermütiger Mensch und gleichzeitig humorvoll flanierender Unterhalter in den Gassen Kopenhagens, als in Angst denkender Zeitgenosse und gleichzeitig einer, der sich vehement dem abstrakten Systemdenken widersetzte. Ein Mensch des Widerspruchs, der scheinbar nirgends in dieser Welt Trost und Geborgenheit fand. 

SÖREN KIERKEGAARD entdeckt die Stimme des Gebets. Nicht seine Stimme – nein – die Stimme Gottes, auf die er warten kann, still und andächtig. Gewiss, Kierkegaard lebte nicht in der Hektik unserer Zeit, in der das Hören scheinbar schwerer realisierbar ist und die Stille Angst auslöst. Doch die Umstände unseres Lebens heute dürfen nicht die Ausrede für ein so wenig lebendiges Hören in unserer Gesellschaft sein.

Zuhören als Frage der inneren Haltung

WIE SOLL ICH GOTT in der Stille hören können, wenn ich den Menschen neben mir nicht höre, wenn ich die Stimmen der Natur nicht mehr wahrnehme und an mir selber achtlos vorübergehe? Letztlich ist es eine Frage der Haltung. Bin ich innerlich präsent, wenn ich höre? Öffne ich mich von ganzem Herzen und mit wertschätzender Aufmerksamkeit dem, was oder wer mir begegnet – in der Meditation, im Alltag oder im Gespräch mit einem Gegenüber?

HÖREN, DAS BEDEUTET letztlich das Einlassen auf das Leben. Still werden, lauschen, nachspüren und warten können,

bis ich hinter allem Gott höre.