In Umfragen geben die meisten Menschen an, zu Hause sterben zu wollen. Tatsächlich verbringen etwa 50 Prozent ihre letzten Tage und Stunden im Krankenhaus. Weitere 20 Prozent versterben in einem Pflegeheim, in dem das Personal leider häufig überlastet ist. In ihrer letzten Lebensphase sehnen sich die meisten Menschen jedoch nach einem Gegenüber, das sie geduldig auffängt. "Sterbende werden oft in Pflegeheime oder Krankenhäuser überwiesen", sagt Sonja Meitinger, stellvertretende Vorsitzende des Vereins "Licht am Horizont". Die Beschäftigten dort seien mit dieser Aufgabe häufig überfordert. So müssten sie beispielsweise streng getaktet das Mittagessen eingeben, berichtet Meitinger, die sich von diesem Missstand selbst überzeugt hat.

Um einer solchen "Pflege vom Fließband" entgegenzuwirken, haben die Bio-Landwirtin und ihr Mann Klaus einen Teil ihres großen Bauernhofs an der Lindauer Straße in Großaitingen bei Augsburg zur Verfügung gestellt. Bis 3. Februar lief dort die Wanderausstellung "Gemeinsam Gehen". Nach einem Umbau soll es dann hier – mitten in Großaitingen, gegenüber dem Rathaus – ab Ende 2019 jeweils acht bis zehn Schwerstkranken ermöglicht werden, in Würde und möglichst ohne Schmerzen Abschied zu nehmen.

Der Bedarf ist groß

Der schon heute vorhandene Bedarf ist enorm. Wie Gudrun Krist, Heilpraktikerin in Mickhausen und erste Vorsitzende des Vereins erklärt, reichen die in der Region vorhandenen Plätze bei Weitem nicht aus. So gebe es im Moment ein Hospiz in Augsburg-Hochzoll mit neun stationären Betten und eines in Illertissen für acht Patienten. Auch in Kempten können acht Sterbende zeitgleich betreut werden, während in Polling bei München zu diesem Zweck zehn Plätze bereitstehen.

Bayern, so Krist, ist "mit stationären Hospizplätzen unterversorgt". Seit 30 Jahren stehe hier pro 60.000 Einwohner nur ein einziger Hospizplatz zur Verfügung – und das, obwohl jeder wisse, dass immer mehr Menschen im Rentenalter sind.

Gründungsmitglieder des Hospiz-Vereins
Gründungsmitglieder des Hospiz-Vereins: in der Mitte hinten Bürgermeister Erwin Goßner, in der Mitte vorne Heilpraktikerin Gudrun Krist und rechts vorne Bio-Landwirtin Sonja Meitinger.

Bei aller Begeisterung für ihre Sache vergessen Meitinger, Krist und ihre Mitstreiter nicht, dass ihr Vorhaben auch finanziert werden muss. Max Reisch, Kassierer des inzwischen als gemeinnützig anerkannten Vereins "Licht am Horizont", erläutert dazu: "95 Prozent der Pflegekosten in Hospizen werden von den Krankenkassen übernommen, der Rest muss durch Spender finanziert werden." Der Jahresbetrag für Fördermitglieder wurde mit 25 Euro bewusst niedrig angesetzt.

Wie gesetzlich vorgeschrieben, sollen im Großaitinger Hospiz nicht nur fest angestellte medizinische Fachkräfte und Psychologen, sondern vor allem auch viele Ehrenamtliche tätig werden. Diese singen oder beten je nach Wunsch mit den Sterbenden, deren Verweildauer in deutschen Hospizen durchschnittlich 21 Tage beträgt. Darüber hinaus sollen Geistliche aller Glaubensrichtungen mit ins gemeinsame Boot genommen werden.

Angehörige, die das wünschen, sollen in Gästezimmern wohnen können, um ihren Lieben den Abschied zu erleichtern. Ein Therapiehund sowie Streicheltiere wie Hasen und Katzen sollen den Bewohnern des überkonfessionellen Hauses ein Gefühl von Geborgenheit vermitteln. Außerdem werden im Hof vor dem großzügigen Gebäude "viele Blumen die vier Jahreszeiten erleb- und fühlbar machen", erläutern Meitinger und Krist, die beiden Initiatorinnen des Vereins. Lange Fahrtzeiten vom Heimatort sollen nach Möglichkeit vermieden werden, damit sich niemand fremd fühlt. Schließlich sollen die Bewohner ihre letzten Stunden umhüllt von Vertrauen und Liebe erleben.