Ich lebe in einer sogenannten Mischehe, so nennen es jedenfalls unsere Eltern, oder auch in einer konfessionsverschiedenen Ehe, so unser Pfarrer. Aber egal, meine Frau und ich sind jedenfalls gerade aus der Flitterzeit heraus und werfen einen zweiten Blick aufeinander, der nicht mehr ganz so von stürmischer Verliebtheit gefärbt ist.

Meine Frau ist evangelisch und ich bin katholisch. Und mehr und mehr fallen mir die großen Unterschiede auf. Bei meiner Frau gibt es kein Kreuzzeichen, kein Weihwasser, keine Kniebeuge, keinen Rosenkranz, keine Exerzitien, keinen Weihrauch. Dafür viel Intellektualität, viel Redlichkeit, viel Suchen, viel Leidenschaft, viel demokratisches Engagement und viel Skepsis gegenüber Hierarchien und gegenüber jeder Form von Ausbeutung.

Kurz, man könnte sagen: Bei mir, dem Katholiken, ist Ausdruck, ist Expressivität, bei ihr als evangelischer Christin ist Echtheit, ist Konzentration auf weniges. Noch wissen wir nicht genau, was das alles bedeutet und was wir damit anfangen. Von daher ist mein Brief, den meine Frau übrigens gutheißt, nicht viel mehr als ein Zwischenruf. Aber doch mit der Bitte um ein Echo.

Herr F.

"Mischehe" – das klingt schlimm. "Konfessionsverschiedene Ehe"? Eine Verschlimmbesserung. Warum nicht einfach "ökumenische Ehe"? Ich komme gleich darauf zurück.

Zunächst einmal: Sie spüren sehr schön Unterschiede der beiden Konfessionen heraus und stellen sie einander gegenüber. Sie tun es so, dass es nicht wertend oder gar abwertend wirkt, sondern wie zwei unterschiedliche Begabungen.

Warum sollte diese Verschiedenheit verschwinden? Sind es doch zwei Spielarten des Glaubens, die sich wunderschön ergänzen. Welcher Verlust, wenn die religiöse Landschaft und die christlichen Frömmigkeitsstile zur Unkenntlichkeit planiert würden!

Nein, das ist kein Plädoyer für Beliebigkeit, kein Verzicht auf Wahrheit. Aber die Wahrheit, so ein großer Theologe unserer Zeit, ist nicht im Depot einer Kirche gebunkert. Sie will im Gespräch, im Ringen, im Suchen gefunden werden. Immer wieder und immer wieder neu. Immer wieder geht es darum, aufeinander zu hören und zu fragen: Was wollen wir voneinander lernen, und wie kann die eine Begabung die andere befruchten?

Eine ökumenische Ehe, das meint nicht einen Gleichklang in Glaubenssätzen und Traditionen. Es meint, in der Nachfolge Jesu Zeuge für das Leben zu sein. Ein Leben, das heute so vielfältig bedroht ist.

Ich schlage eine x-beliebige Tageszeitung auf und könnte manchmal verzweifeln. Unter dem Schreckenseindruck des ersten Weltkriegs sagt Albert Schweitzer: "Ich bin Leben, das leben will, in der Mitte von Leben, das leben will." In den Schrecken der Gegenwart klingt dieses Wort wie ein Schrei.

Eine ökumenische Ehe ist weniger das Bemühen, Traditionen und Glaubenssätze anzugleichen, sondern das Bemühen, sich um das Leben zu kümmern, es zu umarmen und zu feiern und zu beschützen. Und das alles im Namen des Gottes, der doch der große "Liebhaber dieses Lebens" (Weisheit 11, 2) ist.