Unsere Kinder sind groß und aus dem Haus; eine Tochter lebt mit ihrer Familie in den USA, ein Sohn wohnt zwar nicht so weit von uns entfernt, muss aber beruflich immer wieder in nordafrikanische Länder. Wir telefonieren regelmäßig, neuerdings gibt es Skype, und ich kann meine amerikanischen Enkel sehen und sprechen.

Wir können eigentlich glücklich sein mit unseren Kindern, und wir sind es auch. Aber in mir ist auch diese schreckliche Angst, dass ihnen etwas zustoßen könnte. Ich kann schon gar nicht mehr Nachrichten schauen. Am liebsten würde ich immer ganz genau wissen, wo sie sind und wann sie wohin fahren.

Aber natürlich ist mir klar, dass das auch nichts bringt. Mein Mann sagt: "Mach dich nicht verrückt! Denen passiert nichts. Die passen schon auf…" Eigentlich bin ich auch kein ängstlicher Mensch. Wir haben schon eine Menge durchgestanden. Ich frage mich, wo mein Gottvertrauen bleibt.

Frau V. (74)

Gottvertrauen kann sich in sehr unterschiedlicher Weise ausdrücken. Es schimmert in Ihrem Brief, wenn Sie sagen: Wir haben schon eine Menge durchgestanden. Es klingt aus den Worten Ihres Mannes, der hofft, dass die Kinder auf sich aufpassen. Aber manchmal reicht das nicht.

Es gibt unterschiedliche Formen von Angst: die reale Angst, die eine angemessene Reaktion auf eine reale Bedrohung darstellt. Diese Angst schützt, sie veranlasst einen, eine Gefahrenzone zu verlassen oder kein übermäßiges Risiko einzugehen. Wenn Ihr Mann sagt: Die Kinder passen schon auf, dann spielt er womöglich auch darauf an, dass Ihre Kinder die Gefahren, die auf den Reisen oder an den Orten, an denen sie unterwegs sind, drohen, ganz gut einschätzen können und angemessen darauf reagieren.

Aber es gibt auch eine Form der Angst, die verursacht wird durch innere Bilder, Fantasien, was alles passieren könnte, durch Fernsehnachrichten und Schlagzeilen. Diese Form von Angst ist das Produkt von so etwas wie einer ganz persönlichen inneren Fernsehshow, deren Bilder und Filme wir aus vielen verschiedenen Quellen beziehen. Durch welche Bilder und Eindrücke könnten Sie diese Sendung ganz bewusst ersetzen?

Zum Beispiel durch die Realität, dass Sie im Moment in Ihrem Lieblingssessel sitzen und auf die blühende Kastanie vor Ihrem Fenster schauen. Wenn Sie sich das klar machen, dann können Sie wählen: Sind die inneren Schreckensbilder meine Realität? Wahrscheinlich nicht. Helfen sie mir? Wahrscheinlich nicht. Das hilft, zurück in die Gegenwart zu kommen, die Dinge um sich herum mit Aufmerksamkeit, vielleicht sogar mit Staunen und Dankbarkeit zu betrachten.

Seht, die Vögel unter dem Himmel! Seht, die Lilien auf dem Feld!, sagt Jesus zu seinen Jüngern, die voller Angst vor der Zukunft sind. Er verweist auf ganz naheliegende Alltagsbilder als Ausdruck für Gottes ganz reale, alltägliche Sorge um seine Menschen. Das verleugnet nicht, dass schreckliche Dinge passieren und dass man sich fragt, wie das dann ist mit Gottes Sorge - aber manchmal hilft es dabei, sich nicht völlig zu verlieren in den inneren Schreckensbildern.