Ich gehe zur hiesigen Volkshochschule und finde unter diesem Begriff fernöstliche Angebote, Yoga, Zen, Meditationen. Ich gehe zu kirchlichen Einrichtungen und finde eine Hand voll Namen, immer dieselben, die gerade herumgereicht werden und anscheinend so eine Art Guru darstellen.

Ein Kollege machte ein Überlebenstraining bei irgendeinem Institut und schwärmte tagelang von diesem "spirituellen" Erlebnis. Ich frage meinen Gemeindepfarrer, den ich sehr mag, und der erzählt mir, hier gäbe es viel modischen Humbug. Wir sollten bei unserem vertrauten Wort "Frömmigkeit" bleiben.

Jetzt kenne ich mich gar nicht mehr aus. Das Wort scheint eine große Faszination auszuüben, auch auf mich, aber kein Mensch scheint zu wissen, worum es geht. Bitte bringen Sie doch etwas Licht in dieses Wirrwarr und erklären Sie mir, einem schlichten evangelischen Christen, was Sinn oder auch Unsinn dieses Wortes ist.

Herr F.

Es ist tatsächlich verwirrend, weil das Wort für ganz unterschiedliche Erfahrungen verwendet wird. Nicht umsonst sprechen manche Beobachter von einer "Patchworkspiritualität", einem bunten Fleckenteppich mit vielen Formen und Farben.

Was bedeutet das Wort Spiritualität

Versuch einer Entwirrung: Das Wort Spiritualität ist noch nicht alt. Es taucht im 18. Jahrhundert in Frankreich auf. Bekannt wird es aber vor allem in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts durch das Zweite Vatikanische Konzil und, auf evangelischer Seite, durch den Weltkirchenrat. Beide sprechen von "Spiritualität" und meinen die Mitte christlichen Lebens, die Stelle, an der Glaube, Frömmigkeit und Lebensgestaltung zusammenkommen.

Für viele Menschen wird die Ökumenische Gemeinschaft von Taizé wichtig. Ihr Gründer, Roger Schutz, umschreibt das Wort immer wieder von Neuem. Zum Schluss spricht er ganz schlicht, ganz einfach von "Herzensfrömmigkeit".

Spirituell leben mit Herrnhuter Losungen

Wo und wie können Sie anfangen? Kaufen Sie sich die "Herrnhuter Losungen". Ein schmales Buch, das für jeden Tag zwei Bibelstellen und ein Gebet enthält. Nehmen Sie sich dann täglich und nach Möglichkeit zu einer festen Zeit ein paar Minuten zum Lesen, zum still Werden, zum Beten.

Vielleicht fällt Ihnen darüber hinaus jemand ein, zum Beispiel Ihr Gemeindepfarrer, mit dem Sie ab und zu durchsprechen können, was Sie auf diesem Weg erleben und wie es Ihnen geht.