Probleme wegen der Hautfarbe

Menschen nach Hautfarben zu "sortieren", das liegt Clara völlig fern. Eine ihrer Freundinnen ist Perserin. Soeben sitzt sie mit Parathyn, einer Freundin, deren Eltern aus Sri Lanka stammen, in Würzburg am Main und isst Pizza. Die beiden jungen Frauen studieren zusammen. Nein, sagt Clara, sie habe sich nie etwas dabei gedacht, dass Parathyn eine dunkle Hautfarbe hat. Für andere, entgegnet Parathyn, sei das durchaus ein Problem. Und sie beginnt, von ihren Erlebnissen zu erzählen.

Affengeräusche

Was sie berichtet, das zeugt von wenig Einfühlsamkeit ihrer Mitmenschen und teilweise von erschütterndem Rassismus. Das Sprechen darüber fällt der 27-Jährigen schwer. Parathyn erzählt, dass neulich in Nürnberg Passanten beim Vorbeigehen hinter ihr Affengeräusche nachgeahmt hätten. Ein Schlag weit unter die Gürtellinie. Parathyn sagte zwar nichts, ging einfach weiter. Doch es brodelte in ihr. Zum Glück komme so etwas nicht allzu häufig vor. Verletzend seien solche Vorfälle trotzdem sehr.

Übergriffiges Verhalten

Als Schülerin in ihrer Geburtsstadt Heilbronn stieß Parathyn während eines Praktikums im Altenheim auf großes Erstaunen seitens der Senioren. Mehrmals wurde sie auf ihre dunkle Haut angesprochen: "Ich konnte das gar nicht richtig interpretieren, empfand dieses Verhalten aber als übergriffig." Parathyn mag sich nicht damit abfinden, dass die Hautfarbe nicht-weißer Menschen noch immer so oft Thema bei Begegnungen ist, sagt sie mit Blick auf den internationalen Tags gegen Rassismus am 21. März.

Nicht auf Hautfarbe reduzieren

Die junge Frau lehnt es normalerweise ab, über das Thema zu sprechen: "Ich will nicht auf meine Hautfarbe reduziert werden." Sie bezeichnet sich deshalb ausdrücklich nicht als "Farbige". Nicht als "Schwarze". Auch nicht als Angehörige der "People of Color".

"Wenn man mich unbedingt charakterisieren will, kann man von mir aus sagen, dass ich schwarze Haare habe", sagt sie.

Empathielose Rassisten

Können sich Menschen, die rassistisch reden oder handeln, nicht in jene hineinversetzen, die sie damit verletzten und beleidigen? Das fragt sich Ismael oft. Ismael stammt aus Marokko und lebt seit 2017 in Würzburg, wo er Soziale Arbeit studiert. Aktuell leistet er sein Praxissemester in einer Wärmestube ab. Um sein Studium zu finanzieren, jobbte Ismael in der Gastronomie. Dabei erfuhr er mehrmals Abwertungen wegen seiner Hautfarbe. Einmal habe ihn eine Kellnerin etwas gefragt: "Der Koch meinte: 'Frag den nicht, der versteht nix!'." Ismael sagte, er könne sehr wohl Deutsch. Da sei der Koch ausfällig geworden und habe ihn wegen seiner Hautfarbe beschimpft:

"Da sind mir die Tränen gekommen."

Mensch wie andere auch

Auch Ismael sieht sich nicht als Teil der "People of Color". Eigentlich, gibt er zu, habe er sich noch gar keine Gedanken gemacht, wie er sich definieren könnte. "Schwarz" passt nicht. "Farbig" findet Ismael auch komisch. Ismael sieht sich als Mensch wie alle anderen. Im Übrigen hält er, auch wenn er schmerzhafte Erfahrungen gemacht hat, die Mehrheit der Deutschen nicht für rassistisch: "Ich denke, dass gerade unter den Jungen immer mehr multikulturell denken." So wie Clara.

Kolonialgeschichte aufarbeiten

Für junge Menschen sind interkulturelle Begegnungen etwas Normaleres als für die ältere Generation. Insgesamt aber bleibt es auch für Junge schwierig, sich von rassistischem Denken völlig frei zu machen, sagt Julien Bobineau, Romanist an der Uni Würzburg, der sich intensiv mit den Wurzen des Rassismus beschäftigt. "Die liegen in der Kolonial- und Sklavereigeschichte", erläutert er und plädiert dafür, auch in diesem Feld Erinnerungsarbeit zu leisten.

Prävention bei Polizei

Das Thema ist für Bobineau nicht erst seit dem Anschlag von Hanau aktuell. Der Würzburger Forscher startete schon vor drei Jahren zusammen mit Polizeiseelsorger Matthias Zöller ein Präventionsprojekt am Würzburger Standort der Bayerischen Bereitschaftspolizei. Dabei begegnen Polizeischüler Menschen, die aus Afrika geflohen sind. "Dadurch bekommen Schicksale plötzlich Namen und Gesichter", sagt Zöller.

Stereotype beim Africa Festival

Auf die Frage, ob dies nachhaltig etwas bewirkt, äußert der Theologe ein klares Ja. Nach seiner Beobachtung werde "etwas sehr tief" in den jungen Polizisten bewegt, wenn sie mit Menschen aus Afrika sprechen. Oder wenn sie, was auch schon Teil des interkulturellen Kompetenztages war, mit rassismuskritischem Blick über das Würzburger Africa Festival laufen - und dort Klischees und Stereotype identifizieren. Allein das Logo, das halbnackte Tanzende zeigt, verkörpert Rassismuskritikern zufolge das, was Julien Bobineau als "koloniale Romantik" bezeichnet.

Viel Bildungsarbeit notwendig

Letztlich sei es gar nicht so einfach, allgemeinverständlich zu erklären, wo genau Rassismus anfängt. Und warum all das, was hierzulande jahrzehntelang normal war, "plötzlich" als rassistisch angeprangert wird. Hier sei noch viel Bildungsarbeit notwendig. In einem zweiten Projekt, bei dem Bobineau mit Sarah Bergh vom Fachdienst "Politische Bildung" der Landeshauptstadt München kooperiert, geht es um den rassismuskritischen Blick in Lehrpläne, Bücher und Museumsvitrinen. Adressaten sind Lehrkräfte aus München.

Gesellschaft lehrt Rassismus

Ethnologische Objekte gehören in einen geschichtlichen Kontext gestellt, sagt Bergh. Wird die gewaltvolle Herkunftsgeschichte von Dingen nicht gezeigt, werde ein schräges Geschichtsverständnis vermittelt. Gegen Rassismus vorzugehen, ist auch für Sarah Bergh äußert wichtig:

"Denn bedauerlicherweise ist es so, dass wir alle in unserer weiß-dominierten Gesellschaft lernen, zu diskriminieren und rassistisch zu sein."