Er ist Bestsellerautor und einer der bekanntesten Benediktinerpater weltweit: Anselm Grün. Am 14. Januar wird er 75. Vor fünf Jahren hatte sich der Bestseller schreibende Benediktinerpater mit dem weißen Bart schon einmal vorgenommen, "etwas kürzertreten" zu wollen. "Das hat leider nicht so geklappt", sagt Grün. Er hoffe, dass er diesmal die Lücken verteidigen könne. Das könnte jedoch schwer werden. Denn der Autor von mehr als 300 Büchern, die in gut 30 Sprachen übersetzt wurden, ist im Genre Ratgeber und Coaching ein Star.

"Bestseller-Autor" oder "Star" möchte Anselm Grün allerdings nicht so gerne genannt werden, wie er sagt. Und wer ihn in seinem Büro in der Benediktinerabtei Münsterschwarzach bei Würzburg besucht, erlebt auch niemanden mit Star-Allüren. Mit 19 Jahren trat er in die Abtei ein. Durch verwinkelte Gänge führt der Weg in seine kleine Schreibstube. An einem alten Holzschreibtisch voll mit Bücherstapeln sitzt Anselm Grün dort jeden Dienstag- und Donnerstagmorgen zwischen sechs und acht Uhr und schreibt. Seit er im Jahr 2013 die wirtschaftliche Leitung des Klosters und damit das Amt des Cellerars abgegeben hat, komme er manchmal auch zusätzlich an anderen Tagen zum Schreiben, sagt er.

Anselm Grün: Wenn der Pater nicht schreibt, dann hält er Vorträge und gibt Kurse

Wenn Pater Anselm mal nicht schreibt, dann liest er aus seinen Büchern - oder hält Vorträge und gibt Kurse, coacht Wirtschaftsbosse im Führen mit christlichen Werten. Das Schreiben allerdings hat ihm seine größten Erfolge beschert, und seiner Abtei eine stabile Einnahmequelle. Mehr als 14 Millionen Bücher hat er bereits verkauft, es geht in ihnen um Gelassenheit und Vertrauen, die Kunst des Älterwerdens oder das Glück der kleinen Dinge.

Momentan schreibt Grün ein Buch über den Umgang mit Macht - mit Blick auf Kirche, Familie, Vereine, Firmen und Politik. Der Schwerpunkt liege "auf dem Umgang mit Macht in der Kirche". Der Vier-Türme-Verlag der Abtei Münsterschwarzach schreibt dazu in seiner Ankündigung: "Die Kirche ist durch das Ausmaß des sexuellen Missbrauchs in eine große Krise gestürzt." Einer der Gründe sei sicher der "Missbrauch der Macht". Die Kirche spreche ja meist vom Dienst, sagt Anselm Grün, aber dann werde Macht eben "versteckt ausgeübt": "Und das ist nie gut!" Das klingt fast ein bisschen Grün-untypisch. Die große Kirchenpolitik war nie seins:

"Mein Augenmerk liegt darauf, wie ich dem Einzelnen helfen kann, sein Leben aus dem Glauben heraus zu leben."

Seine Tonlage ist normalerweise leise und bedacht. Zurückhaltend, bescheiden, fast ein bisschen schüchtern tritt er auf. Er fühle sich "nicht als einer, der die Lösung für die Kirche der Zukunft parat hat". Kritik an Bischöfen liege ihm nicht. Und doch sage er schon seine Meinung, wenn ihn Aussagen von Bischöfen ärgerten, wenn sie theologisch nicht begründet seien, sagt Grün.

Der Autor schreibt inzwischen nicht nur aus innerem Antrieb heraus Bücher - oftmals tragen die Verlage Wünsche an ihn heran. Nur jede zehnte Anfrage nehme er im Schnitt an, die übrigen Themen seien teils vollkommen abstrus.

Seine Kritiker werfen dem gebürtigen Unterfranken übrigens genau das vor. Den stramm konservativen Katholiken und auch vielen Evangelikalen ist er zu wenig bibeltreu. Er vermenge die christliche Botschaft mit Elementen aus anderen Religionen, lautet einer der Vorwürfe. Grün ficht das nicht an, auch wenn er die Kritiker ernst nimmt - zumindest, wenn sie sachlich kritisierten, erläutert der Mönch.

75. Geburtstag: Anselm Grün feiert mit einem Symposium

Schreiben ist für Pater Anselm Grün etwas Zentrales im Mönchdasein: "Ich bin Missionsbenediktiner, ich will die frohe Botschaft Jesu Christi verkünden - und zwar so, dass die Menschen sie verstehen." Dies tue er als Autor und Vortragsreisender. Um Eitelkeiten gehe es ihm dabei nicht, auch wenn dieser Vorwurf schon einmal aus den Reihen seiner Mitbrüder kam: "Natürlich habe ich es manchmal auch genossen, wenn ein Vortrag ausverkauft war und die Leute sich bedankt haben." Das Genießen sei jedoch "immer nur kurz" gewesen, wichtiger sei ihm die Dankbarkeit, "wenn die Säle voll sind und die Menschen sich berühren lassen".

Anselm Grüns Erfolg und damit die Einnahmen waren und sind für das Kloster am Rand des Steigerwalds wichtig. Lange Zeit verwaltete er auch das Geld der Abtei: Von 1977 bis 2013 war er der wirtschaftliche Leiter der Abtei mit ihren rund 20 Betrieben. Das Buchhalten als sogenannter Cellerar war ihm am Anfang zuwider. Er wollte Seelsorger sein. Doch weil sein Abt es eben wollte, studierte Grün nach Theologie und Philosophie auch noch Betriebswirtschaftslehre. Und irgendwann fand er doch Gefallen daran, investierte auch an der Börse - und verlor in der Krise Anfang des Jahrtausends Millionenbeträge. Eine Zeit, an die er sich nur ungern erinnert.

Anselm Grün ist froh, dass er inzwischen nicht mehr verantwortlich für die Finanzen ist und mehr Zeit für anderes hat. Wenige Tage nach seinem 75. Geburtstag wird er einen Blick zurück in die eigene Vergangenheit werfen: Bei einem Symposium zu seinem Geburtstag werde es um die "Lebensträume" seiner Jugend gehen - und inwieweit sie in Erfüllung gegangen sind.

Bücher von Anselm Grün aus dem Claudius Verlag

"Die Mystiker – Der innere Weg zu Gott" beschreibt in 52 bebilderten Kapiteln das Leben und Wirken christlicher Mystiker von Jesus bis Jörg Zink, mit Exkursen in die Mystik von Orthodoxie, Judentum, Islam und Buddhismus. Als spirituellen Impuls für den Alltag interpretieren Mystik-Experten wie Pater Anselm Grün Originalzitate der jeweiligen Mystiker.

In seinem Buch "In die Stille finden", zu dem es auch eine CD mit "Übungen für jeden Tag" gibt, zeigt Anselm Grün, wie wir zu uns selbst kommen und uns für das Tragende in unserem Leben öffnen können. Verschiedene Kontemplations- und Meditationsarten ermöglichen jedem Menschen die ihm gemäße Zugangsweise.