Ägypten ist nicht nur das Land der Pharaonen – hier liegen auch die Ursprünge christlicher Klosterkultur. Zu den bekanntesten Klöstern gehört Anba Bischoy im Wadi Natrun, einer Wüstensenke auf halbem Weg zwischen Kairo und Alexandria. Gegründet im vierten Jahrhundert, ist hinter den hohen Mauern noch viel aus frühchristlicher Zeit zu entdecken. Heute ist es vor allem als Heimatkloster zweier koptischer Päpste bekannt. Schenuda III. (1923-2012) ist dort begraben, und der derzeitige Papst Tawadros II. zieht sich gerne dorthin zurück, um die täglichen Gebetszeiten mit seinen Mitbrüdern zu halten.

Vor zwei Generationen schien das Schicksal des Klosters Anba Bischoy und auch der vielen anderen Klöster in Ägypten bereits besiegelt. Überall im Land drohten die Gebäude zu verfallen. Die wenigen alten Mönche und Nonnen, die die Klostertradition noch aufrechterhielten, waren mit der Instandhaltung überfordert. »1971 haben in Anba Bischoy nur noch sieben alte Mönche gelebt – und ein Esel«, erzählt Abuna Nicola bei einem Rundgang.

 

Palmen und Blüten: St.-Pischoi-Kloster (Anba Bishoy Monastery) im ägyptischen Wadi el-Natrun.
Zum Schutz vor Berberangriffen aus Wüste wurde die Klosteranlage im 5. Jahrhundert mit einer hohen Mauer umgeben.

Kopten sind in Ägypten diskriminierte Minderheit

Der junge Mönch ist vor sechs Jahren als Novize eingetreten. Vor drei Jahren hat er die ewigen Gelübde abgelegt. »Damals war der Esel die wichtigste Person, weil er das einzige Transportmittel für die alten Männer war und die Mühle antreiben konnte«, sagt der 33-Jährige. Heute leben 200 Mönche und 20 Novizen im Kloster Anba Bischoy.

Auch in den anderen Klöstern im Land wird wieder in großer Gemeinschaft Gottesdienst gefeiert. Insgesamt gibt es nach Angaben aus dem Patriarchat in Kairo in den 50 Klöstern insgesamt 5.000 bis 6.000 Mönche und Nonnen – bemerkenswert in einem Land, in dem die christliche Minderheit der Kopten diskriminiert und bedroht wird.

»Was wir heute erleben, ist aber nichts verglichen mit dem fünften Jahrhundert«, sagt Abuna Nicola. »Damals gehörten 7.000 Mönche zu Anba Bischoy, und im ganzen Wadi Natrun lebten 70.000.« Dass die Zahlen nicht übertrieben sind, belegen archäologische Forschungen, die von 1.500 frühchristlichen Mönchsgemeinschaften im Wadi Natrun ausgehen.

Koptische Klöster platzen aus allen Nähten

Von den vielen Klöstern sind heute nur noch vier im Wadi Natrun erhalten. Dafür platzen diese aber fast aus allen Nähten. Alle noch erhaltenen Klöster in Ägypten haben in den letzten Jahren anbauen müssen. Die Mönche leben nicht mehr in den kargen Zellen von einst, sondern in modernen Zimmern.

Wer mehr erfahren will, wie es zu dieser Renaissance des koptischen Klosterwesens im 20. Jahrhundert kommen konnte, sollte im Makarios-Kloster haltmachen. Es ist das südlichste der vier Klöster im Wadi Natrun. Johannes der Täufer und der Prophet Elia sollen hier begraben sein.

140 Mönche leben im Makarios-Kloster

In diesem Teil der Wüste nahm Ende der 1960er-Jahre der Klosterboom seinen Anfang – und zwar mit einem Mönch, der sich selbst den Namen Matta al-Maskin gegeben hatte – Matthäus, der Arme. 1919 als Yussuf Iskander geboren, entschied er im Alter von 29 Jahren, Eremit zu werden. Er verkaufte seine Apotheke, gab allen Besitz an die Armen und trat ins Kloster ein. Immer wieder zog er sich für längere Zeiten in die Einsamkeit der Wüste zurück, wo er in einer Höhle ein streng asketisches Leben führte.

Das beeindruckte andere junge Kopten, die ihm in die Wüste folgten. Der damalige koptische Papst Kyrillos VI. beauftragte 1968 diese Gruppe von elf Mönchen um Matta al-Maskin, den fünf alten Mönchen im Makarios-Kloster beim Wiederaufbau zu helfen. Mit den Steinen des alten Klosters bauten sie die neuen Gebäude, in denen heute 140 Mönche leben.

 

Eine der fünf Kirchen des St.-Pischoi-Klosters (Anba Bishoy Monastery) im Abendlicht.
Eine der fünf Kirchen des St.-Pischoi-Klosters im Abendlicht.

Motivation: »Bewahren und weiterführen«

Ein großgewachsener Mönch empfängt freundlich den Besuch. Bei einer Tasse Tee ist er bereit, seine persönliche Geschichte zu erzählen – unter einer Bedingung: Sein Name soll nicht genannt werden. Eigentlich sei er nicht sehr religiös erzogen worden, sagt der 45-Jährige. In die Sonntagsschule sei er zwar wie jeder andere koptische Junge in seinem Alter gegangen, allerdings habe er dort vor allem seine Freunde sehen wollen.

»Als ich mit dem Studium begann, hatte ich eine schwere Krise. Und keiner meiner Freunde konnte oder wollte mir helfen. Ich fühlte mich sehr einsam«, erzählt der Mönch. In dieser Zeit habe er beschlossen, wenigstens eine Minute am Tag zu beten, und war erstaunt, wie viel inneren Frieden er dadurch bekam. Schnell dehnte er seine Gebetszeiten aus, bis er irgendwann stundenlang im Gebet versunken war. »Ich war selbst ganz erstaunt über mich, dass mich das nicht langweilte.« Er habe diese Erfahrung bewahren und weiterführen wollen. Und irgendwann kam ihm der Gedanke, Mönch zu werden.

Seine Eltern haben sich mit seiner Entscheidung sehr schwergetan. »Ich bin ihr einziger Sohn, und meine Schwester lebt in England. Wer soll sich um sie kümmern, wenn sie alt werden?«, fragt er. Jahrelang hätten seine Eltern gehofft, er würde es sich noch einmal überlegen. »Ich habe aber gemerkt, dass ich nur noch physisch bei ihnen war. Mit meinen Gedanken und mit meiner Seele war ich schon ständig bei Gott«, sagt er, trinkt den letzten Schluck Tee und verabschiedet sich. Es ist Zeit fürs Abendgebet.