Anscheinend laufen die Uhren in Schwabach etwas anders: 1971 feierte man das 600-jährige Jubiläum, nur um etwa später festzustellen, dass die Goldschlägerstadt doch schon 1117 erstmals urkundlich erwähnt ist und deshalb wurde 2017 dann gleich noch mal der 900. Geburtstag gefeiert.

1995 wurde die Grundsteinlegung der Stadtkirche vor 500 Jahren gefeiert, weil aber bei der Generalsanierung vor wenigen Jahren neue Erkenntnis zum Alter der Kirche brachte, begeht man dieses Jahr schon das 600-Jährige. Gefeiert wird mit einer großen Sonderausstellung im Stadtmuseum und der Geburtstagsfeier für die Kapitelsbibliothek, die vor 550 Jahren gegründet wurde.

Dass das Jahr 1420, genauer gesagt der 29. September, als Weihetermin festgestellt wurde, ist das Ergebnis einiger glücklicher Zufälle.

Bei der Sanierung von St. Johannes und St. Martin in den Jahren 2011 bis 2015 waren unter anderem die Balken des Dachstuhls dendrochronologisch untersucht worden.

"Sie wurden definitiv bereits im Jahr 1418 geschlagen", erklärt Andrea Kefer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Schwabacher Stadtmuseum, die auch für die vom 4. Oktober bis zum 28. Februar 2021 laufende Ausstellung "600 Jahre Stadt + Kirche" als Kuratorin verantwortlich zeichnet.

Parallel hatte Michael Kummer, der sich mit Karsten Volland die Pflege der Kapitelsbibliothek im Turm über dem Chorraum der Kirche teilt, einige Stationen und mögliche Ausstellungsstücke für das 550-jährige Jubiläum recherchiert.

Dabei stieß er im Pfarrarchiv im Evangelischen Haus auch auf die Abschrift der Weiheurkunde, die in der Mensa des Hauptaltars zusammen mit zwei Reliquien eingemauert ist, und die Karl Schornbaum, erster Leiter des Landeskirchlichen Archivs in Nürnberg, im November 1946 aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt hat. Darin heißt es:

"Im Jahre des Herrn 1420 wurde dieser Altar zu Ehren des Heiligen Johannes des Täufers, des Leibes Christi und des Heiligen Martin geweiht, deren Reliquien dort um der Ehre des Pater und Herrn willen, des Herrn Bischof Albert Soloniesis aus dem Orden des Heiligen Franziskus bewahrt worden sind."

Bislang war man in Schwabach davon ausgegangen, dass die um 1191/92 erbaute romanische Vorgängerkirche, eine St. Johanniskirche, bis ins Jahr 1420 erweitert worden war. Erst mit der Altersbestimmung der alten Balken und der neuen Interpretation der Urkunde kam man nun zu dem Schluss, dass vor 600 Jahren tatsächlich ein Neubau eingeweiht wurde.

Bereits Ende 2019 hat Pfarrer Paul-Hermann Zellfelder in der Kirchengemeinde St. Martin eine Projektgruppe gegründet, deren Leitung Michael Kummer innehat, und die zusammen mit dem Museum Inhalte, Exponate und Rahmenprogramm erstellen will.

Kummer, der eigentlich nebst einem Vortrag über die geschichtsträchtige Kirchenbibliothek gerne ein paar besondere Bücher ausgestellt hätte, freut sich ebenso wie Andrea Kefer, dass mit der Entdeckung des früheren Weihe-Termins in Schwabach neue Kräfte freigesetzt wurden.

"Stadt und Kirche waren hier schon immer eng miteinander verzahnt", sagt Kummer.

Das sehe man alleine schon am Turm und der Türmerstube der Stadtkirche, in der Kummer seit wenigen Jahren auch wieder kleine Führungen anbietet: Der Türmer hatte zahlreiche hoheitliche Aufgaben für die politische wie kirchliche Gemeinde zu erledigen, was ebenfalls in der Schau zu Geltung kommen soll.

Auch die Bibliothek wird ihre eigene Abteilung erhalten: Die Auswahl an theologischen Büchern wie reich bebilderten Predigtsammlungen und mehr als 100 Bibeln reicht bis ins Jahr 1389 zurück.

Gezeigt werden soll auch, wie die Reformation in Schwabach von den Bürgern ausging - ein Zeugnis dazu findet man in der Kirche selbst.

Der letzte katholische Pfarrer hatte bereits seinen Grabstein anfertigen lassen. Da er noch nicht um den Zeitpunkt seines Ablebens wusste, ist vom Sterbejahr nur die "15" zu sehen, aber keine zwei weiteren Ziffern. Nachdem die Schwabacher sich ihres Ortsgeistlichen entledigt hatte, blieb der Grabstein zurück - und ist heute an einer Kirchenwand zu finden.

Bleibt nur noch die Frage, ob das jetzt etwas untergehende Jubiläum der Bibliothek nicht doch noch mal neu gefeiert werden muss, wenn in einigen Jahren möglicherweise neue Zahlen auftauchen? "Nein", sagt Kummer lachend, "da sind wir uns ganz sicher".