Genau ein Jahr seit Beginn des neuen Artenschutzgesetzes in Bayern haben Politiker und Umweltverbände ein unterschiedliches Zwischenfazit gezogen. Der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) betonte, dass man einen Rahmen gesetzt habe, der sich sehen lassen könne. "Das Volksbegehren bringt ein deutliches Plus bei der Naturschutzförderung", sagte Glauber in Augsburg bei der Eröffnung eines weiteren regionalen Artenschutzzentrums. Umwelt- und Naturschützer dagegen kritisierten, dass noch nicht genug getan werde.

Artenschutzzentrum in Augsburg

Rund 170 neue Stellen seien seither geschaffen und zusätzlich 75 Millionen Euro bereitgestellt worden, betonte Umweltminister Glauber. Für mehr Ökologie in der Fläche sollen allein in diesem Jahr rund 64 Millionen Euro investiert werden. Rund 170.000 Fußballfelder große Flächen würden bereits naturnah bewirtschaftet. Über rund 8.000 Kilometer Länge seien Gewässerrandstreifen geschaffen worden, damit keine Giftstoffe ins Wasser gelangen können, so Glauber. Rund 5.000 Hektar Naturwald seien zudem aus bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen ermöglicht worden.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Ludwig Hartmann kritisierte, dass man bei zwei der wichtigsten Maßnahmen zur Bewahrung von Artenvielfalt und zum Schutz der Gewässer im Nebel stochere. Mit dem Anheben der Mindeststammhöhe für geschützte Streuobstbestände etwa handele man bewusst gegen den Geist des Volksbegehrens, monierte Hartmann. Ebenso unbefriedigend sei "das Verwirrspiel um die in allen anderen Bundesländern längst verpflichtend eingeführten Gewässerrandstreifen.

Claus Obermeier, Vorstand der Gregor Louisoder Umweltstiftung, lobte, dass es endlich Finanzmittel und Stellen für den Naturschutz gebe, hier setze die Staatsregierung ihre Zusagen um. "Im Vergleich zu dem teilweise exorbitanten Mittelzuwächsen in anderen Bereichen sind wir aber von der XXL-Variante noch weit entfernt, Umschichtungen vor allem von Stellen zugunsten des Naturschutzes sind weiter erforderlich", sagte Obermeier.

Eindämmung von Lichtverschmutzung für Vögel und Insekten

Minister Glauber wiederum betonte, dass zum nächtlichen Schutz von Vögeln und Insekten Regelungen zur Eindämmung der Lichtverschmutzung getroffen worden seien. Darüber hinaus gebe es eine Bundesratsinitiative für ein Glyphosatverbot und die Verringerung des Pestizideinsatzes in Privatgärten. Für Streuobstwiesen sei eine deutschlandweit einmalige Förderung beschlossen worden. "Ich will mehr statt weniger Streuobstwiesen", betonte der Umweltminister.

"Einige gute erste Schritte sind gemacht, einige neue Regelungen werden aber auch noch nicht umgesetzt", sagte Agnes Becker, Beauftragte des Volksbegehrens und stellvertretende Vorsitzende der ÖDP in Bayern. Der Trägerkreis ziehe deshalb eine durchwachsene erste Zwischenbilanz, betonte Becker. Kritik äußerte sie vor allem am ökologischen Landbau. Besonders ärgerlich sei da die Kürzung der Kulturlandschaftsprogramm-Gelder (KULAP) für Bio- und Öko-Landwirte.

Norbert Schäffer, Vorsitzender des Landesbundes Vogelschutz (LBV) sagte, dass die Umsetzung des Volksbegehrens zwar noch einige Schwächen habe, es sei aber auch schon einiges in Bewegung geraten. Straßenränder etwa würden seltener und später gemäht, außerdem seien über 5.000 Hektar als nutzungsfreie Schutzgebiete ausgewiesen worden, "darüber freuen wir uns".

"Im Bereich des ökologischen Landbaus tut sich zwar etwas und wir sind da auch optimistisch, es könnte aber auch schon mehr getan worden sein", sagte Professor Roman Lenz von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, die seit November 2019 mit einem Monitoring beauftragt ist. Auch im Bereich der Erziehung und Ausbildung im Naturschutz und in der politischen Kommunikation gebe es noch Defizite", sagte Lenz. "Viele Berichte wie etwa zum Biotopverbund sind noch in Arbeit und von uns angeforderte Daten noch nicht vorhanden", kritisierte Lenz.