Die Hunderte von sehr realistischen und häufig gefühlsstarken Figuren stammen aus fränkischen Klöstern – so auch der Untertitel der Schau, die bis 28. Januar 2018 geöffnet ist. Das wesentliche für den Besucher ist diesmal nicht das Fränkische, sondern das Kloster. Denn der Kurator und Ausstellungsmacher Wolfgang Schneider erläutert: "Krippen aus Klöstern unterscheiden sich zwar nicht grundsätzlich von denen in Gemeinden, aber sie sind meist reicher ausgestattet und besser gepflegt als dort, wo Laienhände sie auf- und abgebaut haben."

Dicht gedrängte Schafherden, prächtig gewandete Hohepriester, Tiger und ein Pinguin: Die Ausstellung kann quantitativ aus dem Vollen schöpfen. Und in einem weiteren Sinn zeigt sich, dass der Blick über Franken hinaus sinnvoll sein kann. Es wurden nicht nur regionale Künstler berücksichtigt, sondern auch aus München und dem Schnitzzentrum Oberammergau. Über den Münchner Bildhauer Sebastian Osterrieder ist Wolfgang Schneider sicher: "So wie Thomas Mann sich für seine Josephsromane in die ägyptische Literatur eingelesen hat, so hat Osterrieder Hintergrundinformationen für seine Krippen recherchiert." Zahlreiche Figuren aus dem Würzburger Käppele lassen das plastisch ahnen.

Künstlerdaten kaum bekannt

Zurück zur Franken-Frage: Zwar wirkte mit Pater Dionysius Degen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch im Ochsenfurter Gau ein begabter Figurenbildner. Der ist auch mit Beispielen vertreten. Aber, so der Kunsthistoriker Wolfgang Schneider: "Man weiß meist sehr wenig über die Krippen. Oft sind gerade mal die Eckdaten bekannt." Nur selten sind Korrespondenzen oder Rechnungen erhalten, die auf individuelle Schnitzkünstler oder Plastiker verweisen.

Allein drei große Vitrinen füllen Ochs, Esel, Engel, Mohren und andere Heerscharen vom Würzburger Käppele – und damit sind nur zwei Drittel des Bestands ausgestellt. Auch sehr umfangreich kommen die Exponate aus dem Franziskanerkloster Dettelbach daher, das das Kunstreferat der Diözese Würzburg heuer übernahm. Weitere große Sammlungen holten die bischöflichen Museumsleute von den Kapuzinern in Aschaffenburg und Karlstadt.

Wachschristus für den Bischof

Frömmigkeit ist zeitgebunden und dennoch sichtlich überzeitlich. Das zeigt eine wachsmodellierte Krippe aus Ebrach. Dieses Kloster spielte für die Fürstbischöfe eine herausragende Rolle. Man kann also annehmen, dass sich der Barockherrscher selbst an der Anbetung des Wachschristkinds erbaute. Jedenfalls trägt das gezierte Gebaren der Schäfer rings um die Heustreue herum einen deutlich höfischen Charakter.

Feingliedrig und präzise wurde auch in Oberammergau gearbeitet. Da repräsentiert der Ochse keine allgemeine Rindheit, sondern, so Wolfgang Schneider: "Ich bin mir sicher, dass ein landwirtschaftlicher Kenner uns sagen kann, welche ausgestorbene Nutztierrasse hier dargestellt wurde." Einzelne dieser erstaunlichen Exponate werden in kleinen Nischen extra präsentiert und besonders ausgeleuchtet. Dafür drängeln sich die Materialfluten in anderen Präsentationsschränken bisweilen etwas zu dicht. Landschaften werden in dieser Ausstellung lediglich durch Kulissenelemente angedeutet.

Auferstehung fehlt leider

Immer wieder Stall zu Bethlehem – ermüdet das nicht? Dieser Gefahr begegnen die Jahreskrippen. Jesuiten führten Krippen mit beweglichen Figuren im späten 16. Jahrhundert ein, um laut Wolfgang Schneider "Glaubensinhalte zu emotionalisieren und sie den Gläubigen nachhaltig nahezubringen". Dabei ging es nicht allein um die Geburt Christi. Sondern um alles. Heilsgeschichtlich beginnt die Würzburger Ausstellung im Paradies mit einem nackten ersten Menschenpaar. Sie endet vor einer Auferstehungsszene, die aus restauratorischen Gründen allerdings nicht gezeigt werden konnte. Und gerade Krippenfiguren aus dem Alten Testament –
mit einem hinreißend dozierenden Daniel in der Löwengrube – machen einen unvermuteten und dafür umso größeren Reiz dieser Schau aus.