In bayerischen Gerichtssälen hängt zwar häufig ein Kreuz an der Wand, doch das Tragen religiöser Symbole ist Richtern und Staatsanwälten verboten - das gilt auch für Rechtsreferendarinnen mit muslimischem Kopftuch. In zweiter Instanz hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) in München am Mittwoch die Klage einer Juristin islamischen Glaubens für unzulässig erklärt.

Die Augsburgerin hatte 2014 zu Beginn ihres juristischen Vorbereitungsdienstes eine gerichtliche Auflage erhalten. Der zufolge durfte sie "bei der Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung" ihr Kopftuch nicht tragen. Das äußere Erscheinungsbild, hieß es vonseiten des bayerischen Justizministeriums, dürfe "keinerlei Zweifel an der Unabhängigkeit, Neutralität und ausschließlicher Gesetzesorientierung aufkommen lassen".

Wesentliche Ausbildungsinhalte seien der Klägerin aufgrund der Auflage verwehrt geblieben, sagte ihr Anwalt Frederik von Harbou, etwa das Beisitzen am Richtertisch. Dadurch fehlten ihr nicht nur "prägende Eindrücke aus dem Referendariat" - die Nichtdurchführung der Sitzungsvertretung sei im Zeugnis vermerkt sowie ein Eignungsmangel in ihrer Personalakte. Diese "abschätzende" Wertung könne nach Auffassung der Klägerseite zu negativen Nachwirkungen bei einer Bewerbung für den öffentlichen Dienst führen. Gegen diese aus ihrer Sicht "ungerechtfertigte Diskriminierung" klagte Frau S. und bekam 2016 vom Augsburger Verwaltungsgericht recht. Der Freistaat Bayern legte daraufhin Berufung ein.

Der BayVGH begründete nun den Beschluss, dass weder eine Diskriminierung noch Ehrverletzung oder negative Auswirkungen durch die Auflage für die Klägerin zu erkennen seien. Die Klägerin habe ihren juristischen Vorbereitungsdienst abschließen können. Es sei ihr lediglich verwehrt worden, bestimmte richterliche Aufgaben wahrzunehmen, worauf im Rahmen der Referendarausbildung ohnehin kein Anspruch bestehe. Sie hätte, so das Gericht, diese zudem nur an einem Tag ihrer zweijährigen Ausbildung ausüben können. Die Beschränkung der Grundrechte der Klägerin sei daher nur begrenzt gewesen. 

Damit trägt Frau S. die Verhandlungskosten. Eine Revision ist nicht zugelassen. Die Klägerseite hat dennoch angekündigt, die Einlegung von Rechtsmitteln zu prüfen.

Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) erklärte nach der Verkündung, es werde im Freistaat auch künftig keine Rechtsreferendarinnen geben, die auf der Richterbank, beim staatsanwaltschaftlichen Sitzungsdienst oder bei sonstigen hoheitlichen Tätigkeiten ein Kopftuch tragen: "Es ist für das Vertrauen der Bürger in die Unabhängigkeit und Neutralität der Justiz unabdingbar, dass schon das äußere Erscheinungsbild nicht den geringsten Anschein von Voreingenommenheit erweckt."

Bausback verwies dabei auf das vor kurzem verabschiedete Bayerische Richter- und Staatsanwaltsgesetz, das zum 1. April 2018 in Kraft tritt. Es besagt unter anderem, dass Richter "in Verhandlungen sowie bei allen Amtshandlungen mit Außenkontakt keine sichtbaren religiös oder weltanschaulich geprägten Symbole oder Kleidungsstücke tragen" dürfen. Dies soll auch für Staatsanwälte, Rechtspfleger, Schöffen und Rechtsreferendare gelten.

Vonseiten der Klägerin hieß es nach Verhandlungsende, das Gericht habe die eigentliche Frage, nämlich ob die Auflage ohne Rechtsgrundlage rechtswidrig war, erfolgreich umgangen: "Der Verwaltungsgerichtshof sieht in der monatelangen Zurücksetzung einer muslimischen Referendarin in der juristischen Ausbildung kein nachträgliches Feststellungsinteresse - selbst dann nicht, wenn die Auflage offen diskriminierend war. Meines Erachtens ist dies mit meinem Recht auf effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar."

Ihr Anwalt bekräftigte, die erste Instanz in Augsburg habe "unmissverständlich klar gemacht, dass die Auflage rechtswidrig war". Am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof sei es aber auch darum gegangen, "dass eine Rechtsreferendarin in Bayern ihre Ausbildung 'unter dem Kreuz' im Gerichtssaal absolvieren, dafür aber ihr Kopftuch ablegen soll". Der VGH habe die Gelegenheit verpasst, diese offensichtliche Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit zu korrigieren.

Nach Angaben des Justizministeriums hat es in den vergangenen zehn Jahren einen weiteren Fall dieser Art gegeben. Auch damals, 2008, habe es sich um eine muslimische Rechtsreferendarin mit Kopftuch gehandelt. Als Antwort auf den Fall habe das Justizministerium eine Auflage eingeführt, die zu Neutralität im Erscheinungsbild verpflichtet.