"Mensch werden" heißt die Ausstellung, die zwischen Januar und April 2022 in der Johanniskirche von Karlstadt, in St. Georg in Thüngen und in der Christuskirche von Arnstein zu sehen sein wird. Lebensgroß und lebensecht, wenn auch nicht naturalistisch bemalt, so schauen sie in die Gotteshäuser. Denn der hessische Künstler Stephan Guber schafft Gesichter, in denen sich stumm die Erfahrungen wirklicher Menschen spiegeln.

Erfahrungen sammeln - Mensch werden: Der Ausstellungstitel ist spannungsreich gewählt. Die Figurengruppe erschien unter dem Namen "Ecce Homo" zuletzt in Westfalen. Guber arbeitet mit Kettensäge und Zahnarztbohrer. Rohe und fein bearbeitete Flächen stoßen in einer Figur aneinander. Bis zu zwei Tonnen schwer sind die Stämme in seiner Werkstatt. Damit die Gestalten möglichst echt aussehen - und ihre Betrachter ansehen -, stehen Menschen dem Künstler Modell.

Die Kunstwerke bilden diverse Charakterzüge von Menschen ab

Dem Künstler geht es um den Menschen "in seiner inneren und äußeren Verfasstheit und um seine Eingebundenheit in die ihn umgebende Welt". Als Raumgestalter hat Guber "Begegnungsräume" im Auge, "in denen das lebendige Dazwischen erlebbar wird". In diese Begegnungsräume treten die Ausstellungsbesucher. Gubers Präsenz konzentriert sich schon längst nicht mehr auf Nordbayern und Südhessen. So bespielt er den Garten der Hessischen Landesvertretung in Berlin.

Seine Werke entstehen meist in Hessen. 1965 in Bad Nauheim geboren, lebt und arbeitet Guber heute überwiegend in Nidda. Eine beliebte Ausnahme für Bildhauer sind Symposien, wenn also eine Stadt Künstlerinnen und Künstler zu einem Stipendiumsaufenthalt einlädt, um vor Ort und im Austausch miteinander Plastiken zu schaffen. Eine solche Berufung ging mehrmals an Stephan Guber, zum Beispiel nach Bad Salzhausen und auf die Kanaren-Insel La Palma.

Die Ausstellung enthält 10 Holzmenschen

Die mainfränkischen Gemeinden richten in den ersten vier Monaten des Jahres 2022 passende Veranstaltungen zu "Werde Mensch" aus: Andachten, Konzerte und Lesungen rund um die Skulpturen - und mitten zwischen den Skulpturen. "Es gibt viele Andockmöglichkeiten an die Gruppe", erläutert der Künstler. Bei einer frühen "Ecce homo"-Ausstellung im Jahr 2015 interpretierte das Publikum die Figuren als Flüchtlinge. Im letzten Jahr standen sie für die Pandemie-Isolation.

Das seien "keine oberflächlichen Zuschreibungen". Vielmehr sei "es erstaunlich, wie intensiv sich die Gemeinden mit den Figuren auseinandersetzen, sie zum Sprechen bringen", sagt Guber. So wählten die Unterfranken selbst auch den Ausstellungstitel "Mensch werden". Die Gruppe ist mehr als ein Dutzend Köpfe stark, macht durchschnittlich zwei Stationen jährlich, und immer wieder einmal bleibt eine Figur am Ausstellungsort, weil sie dorthin verkauft wurde. Als Erinnerung.

Zudem hat Stephan Guber manchmal "einfach Lust dazu", einen neuen Menschen ins Ensemble einzuführen. Beim letzten Auftritt der stummen Kirchenbesucher war zum ersten Mal ein Kind dabei.