"Als ich aufgewachsen bin, gab es nur die Pille", sagt Caroline Karrer. Mit 14 Jahren bekam die heute 36-Jährige das Präparat zur Verhütung verschrieben. Zwölf Jahre nahm sie sie. Längst verzichtet Karrer auf hormonelle Verhütung und setzt stattdessen auf natürliche Verhütungsmethoden. Damit liegt sie im Trend.

Seit Jahren nimmt die Zahl der Frauen ab, die auf die Pille setzen. Das hat jüngst eine Befragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bestätigt. Grund sei eine zunehmend kritische Einstellung zu hormonellen Verhütungsmethoden, insbesondere bei jungen Menschen. Auch Karrer sagt rückblickend: "Meine Pubertät ist durch die Hormone kaputtgegangen."

Spricht man mit Expertinnen und Experten, so sagen sie: Es sind vor allem junge Menschen, die sich zunehmend für die sogenannte Natürliche Familienplanung (NFP), eine Form der hormonfreien Verhütung, interessieren. Die NFP-Methoden haben gemeinsam, dass damit fruchtbare und unfruchtbare Tage identifiziert werden sollen: Wann kann die Frau schwanger werden, wann nicht?

Natürliche Verhütung als Trend

Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten: Frauen können nach dem Aufstehen ihre Temperatur messen, die Beschaffenheit des Zervix-Schleims untersuchen oder ihren Muttermund abtasten. Diese symptothermale Methode der natürlichen Familienplanung fasse verschiedene Körperzeichen zusammen und interpretiere sie, erklärt die Beratungsorganisation pro familia mit Sitz in Frankfurt am Main.

Dass die Nachfrage nach Methoden der natürlichen Familienplanung steigt, beobachtet auch der Berufsverband der Frauenärzte. Verbandspräsident Klaus Doubek mahnt aber: "Verhütung ist sehr individuell. Die NFP muss nicht für jede Frau geeignet sein. Es braucht dafür viel Disziplin, und sie verzeiht keine Fehler", sagt er dem Sonntagsblatt.

Die Methode der natürlichen Familienplanung, auf die die katholischen Malteser setzen, heißt "Sensiplan". Seit 1981 kümmert sich dort die Arbeitsgruppe NFP um das Thema. Die Deutsche Bischofskonferenz habe nach einer Methode gesucht, die natürlich und wissenschaftlich abgesichert ist und sei dann auf die Malteser zugegangen, erklärt Petra Klann-Heinen, die Leiterin der Arbeitsgruppe, die Ursprünge von "Sensiplan".

Sie bestätigt, dass das Thema bei jungen Menschen Konjunktur hat: "Die junge Generation ist körperbewusst, ökologisch interessiert und intellektuell", sagt sie. Das steigende Interesse werde auch an Zahlen deutlich: Die Zahl der Zugriffe auf die entsprechende Website der Malteser nehme zu, ebenso wie die Nachfrage nach Beratungen: Im Jahr 2021 gaben die Sensiplan-Beraterinnen der Malteser 491 Neuberatungen, im Jahr darauf 594.

Sensiplan-Anwenderinnen, zu denen auch Caroline Karrer gehört, müssen jeden Tag verschiedene Parameter auf ein Zyklusblatt eintragen. Dazu gehören ihre Temperatur, der Zeitpunkt der Messung, die Beschaffenheit des Zervix-Schleims oder des Gebärmutterhalses und alles, was ihren Zyklus gestört haben könnte. Diese Daten müssen die Anwenderinnen auswerten. Wie genau das geht, lernen sie mithilfe von Buch und Arbeitsheft und, wenn sie möchten, auch in Kursen.

Sensiplan sei sicher, wenn die Regeln richtig und konsequent angewendet werden, betonen die Malteser. Dann habe die Methode einen Pearl-Index von 0,4. Die Zahl gibt Auskunft darüber, wie viele von 100 Frauen bei konsequenter Anwendung einer bestimmten Verhütungsmethode in einem Jahr trotzdem schwanger wurden.

Caroline Karrer sagt, es gehe auch darum, den eigenen Körper wahrzunehmen. Sie erzählt, wie wenig sie über ihren Körper gewusst habe, bevor sie sich mit NFP beschäftigte - trotz ihrer damals 33 Jahre und obwohl sie damals schon zwei Kinder zur Welt gebracht hatte. "Sensiplan war wie der Schlüssel zu meinem Körper." Sie hat sich das Konzept zunächst im Selbststudium beigebracht und später auch eine Ausbildung zur Sensiplan-Beraterin abgeschlossen.

Die Methode braucht Übung, sagt Petra Klann-Heinen: "Die ersten drei Zyklen brauchen Sie, bis Sie sich daran gewöhnt haben. Aber dann wird es zur Normalität. Das ist wie beim Autofahren."

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