Im Rahmen der Ersten Inklusiven Jobmesse wird am 2. Juni im Regensburger Jahnstadion ein Job-Speed-Dating speziell für Menschen mit Behinderung angeboten. Das Konzept der Kontaktanbahnung zwischen Arbeitgebern und Menschen mit Handicap wurde von der Berliner Interessensvertretung Selbstbestimmt Leben (ISL) entwickelt und fand seit 2017 mehrfach in Berlin statt.

Gefördert durch die Initiative Aktion Mensch sollen die Vorstellungsgespräche im Eiltempo nun in zahlreichen Städten installiert werden, teilte der Verein Phönix mit, der nach der Auftaktmesse ab 2023 die Organisation in Regensburg übernehmen wird. Regensburg ist laut Mitteilung nach Berlin die erste Stadt in Deutschland, die das Konzept aufgreift.

Menschen mit Behinderung kaum zu Vorstellungsgesprächen eingeladen

Bei einem Coaching-Tag in Räumen der Firma Continental AG in Regensburg wurden vorab 30 Bewerber mit Handicap auf die kurzen Gespräche mit den Arbeitgebern vorbereitet. Menschen mit Behinderung würden kaum zu persönlichen Vorstellungsgesprächen eingeladen, betonte Angelika Krüger, Geschäftsführerin der Werkhof gGmbH.

Beim Job-Speed-Dating der Berliner Mitarbeiter von ISL lernten die Bewerber mit Behinderung vor allem, sich kurzzufassen. Das Job-Speed-Dating zwischen Bewerber und Arbeitgeber dauert jeweils acht Minuten. Das Besondere an dem Konzept sei, dass fast alle Berater selbst eine Behinderung haben. Menschen mit Behinderung seien es zudem gewohnt, eher ihre Schwächen zu sehen als ihre Stärken, sagte Viktoria-Maria Trümper von der Interessensvertretung.

Beim Coaching-Tag lernten die Bewerber, welche Fragen in den Gesprächen auftreten. In den Mittelpunkt rücke dabei, wie man mit der Behinderung im Gespräch umgeht und welche Informationen für Arbeitgeber von Bedeutung sind. Auch Arbeitgeber hätten kaum Erfahrung darin, Vorstellungsgespräche mit Menschen mit Behinderung zu führen, sagte Trümper.

Die Unsicherheit sei auf beiden Seiten groß, welche Fragen gestellt werden dürften. Zum Konzept des Job-Speed-Datings für Menschen mit Behinderung gehöre daher, dass vorab auch die Arbeitgeber gecoacht werden.

Weg in die Beschäftigung für Schwerbehinderte weiter schwierig

Einer Studie zufolge haben viele Unternehmen keine Vorbehalte gegen jobsuchende Menschen mit Schwerbehinderung, stellen aber dennoch kaum Betroffene ein. Deshalb werde die gesetzliche Schwerbehindertenquote nach wie vor von vielen Betrieben nicht erreicht, teilte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) am Dienstag in Nürnberg mit. Aus der IAB-Umfrage bei Unternehmen geht hervor, dass eine große Mehrheit der Betriebe in Sachen Leistungsfähigkeit, Fehlzeiten oder Belastbarkeit keine Unterschiede zwischen Beschäftigten mit oder ohne Handicap sehen.

80 Prozent der Betriebe, die die Schwerbehindertenquote nicht erfüllen und deshalb eine Ausgleichsabgabe zahlen, nennen der Umfrage zufolge einen Mangel an passenden Bewerbungen als Begründung. Etwa 20 Prozent geben fehlende Flexibilität beim Kündigungsrecht als Grund für das Unterschreiten der Schwerbehindertenquote an. Befürchtungen bezogen auf eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit von Menschen mit Schwerbehinderungen werden von ebenfalls knapp 20 Prozent der Betriebe genannt.

80 Prozent aller Firmen sehen keine Unterschiede

Nach ihren Erfahrungen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Schwerbehinderung gefragt, sehen knapp 80 Prozent aller befragten Firmen keine Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Schwerbehinderung in Bezug auf die soziale Einbindung und gut 70 Prozent in Bezug auf die Arbeitsmotivation.

"Angesichts der niedrigen Erwerbsquote bleibt die Integration von Menschen mit Schwerbehinderung eine wichtige und gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die demografische Entwicklung lässt in den kommenden Jahren vielerorts eine alternde Belegschaft erwarten", betonte IAB-Forscher Alexander Kubis.

Angesichts der sich verschärfenden Fachkräfteengpässe werde es in Zukunft auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten mehr denn je von Bedeutung sein, Menschen mit Schwerbehinderungen möglichst umfassend in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Arbeitgeber, die über mindestens 20 Arbeitsplätze verfügen, haben auf mindestens fünf Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen.

Das IAB gehört als Forschungsstelle zur Bundesagentur für Arbeit. Die Studie beruht auf einer Umfrage bei 20.115 Betrieben mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die im vierten Quartal 2021 stattfand.