Für die Hilfsorganisation SOS-Kinderdorf ist die von der Ampel-Koalition geplante Kindergrundsicherung kaum mehr als die Umbenennung bereits vorhandener Sozialleistungen. Zwar spreche die Regierung jetzt von einem Paradigmenwechsel in der Armutsbekämpfung, "faktisch erreicht wird aber wenig", sagte die Vorstandsvorsitzende Sabina Schutter dem Sonntagsblatt.

Die Soziologie-Professorin erläuterte, der im Raum stehende Entwurf habe kaum noch etwas mit einer Kindergrundsicherung zu tun.

"Zu den wenigen Verbesserungen zählt wohl das Vorhaben, dass der Unterhalt für erwerbstätige Alleinerziehende nur noch zu 45 Prozent auf die Kindergrundsicherung angerechnet werden soll, statt wie bisher zu 100 Prozent."

Das könne in der Summe zu mehr Geld für Alleinerziehende führen.

Trotzdem Hoffnung in Reform

Dennoch setze sie Hoffnungen in die Reform, betonte Schutter: "Vor allem auf die Umkehrung der Holschuld der Anspruchsberechtigten in eine Bringschuld des Staates. Das sollte vielen armen Familien zugutekommen."

Die Expertin warb für eine integrierte Armutspolitik, die finanzielle Existenzsicherung mit Bildungsangeboten und Förderung für Erwachsene verknüpft.

"Natürlich wird Geld allein nicht ausreichen, aber die Kombination von Finanzleistungen und Verbesserungen der Infrastruktur für Familien eröffnet Zukunftschancen. Es braucht mehr Geld für Kinder, es braucht mehr Bildung für Kinder - und es braucht mehr Geld für Bildung",

unterstrich Schutter: "Kindheit findet jetzt statt, die Kinder können nicht zehn Jahre warten bis zur nächsten Reform."

Zweifel an Änderungen

Dass das Existenzminimum für junge Menschen nicht neu berechnet werde, sei eines der größten Versäumnisse der geplanten Reform. Kaum Hoffnung hat Schutter, dass im parlamentarischen Verfahren noch Korrekturen erreicht werden können:

"Die jetzt vorgeschlagene Leistung geht so weit am ursprünglichen Entwurf vorbei, dass ich bezweifle, dass wir hier noch Änderungen einbringen können, die zu einer substanziellen Verbesserung führen würden."

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