Der alljährliche Brief der Deutschen Rentenversicherung mit der Renteninformation kann mitunter Beklemmungen auslösen. Darin wird hochgerechnet, wie die Rente einmal ausfallen und wie sie sich im ungünstigen oder günstigen Fall entwickeln wird. Die überwiegende Mehrheit der Rentenempfänger geht davon aus, dass es im Alter nicht reicht. 70 Prozent erwarten im Ruhestand eine große bis sehr große finanzielle Versorgungslücke, ergab nun eine repräsentative Umfrage des Instituts Mentefactum.

Langjährig Versicherte bekommen den aktuellen Berechnungen zufolge im Schnitt 1370 Euro Rente im Monat. Als langjährig Versicherter gilt, wer mindestens 40 Jahre lang in die Rentenversicherung einbezahlt hat. Mehr als jeder dritten Frau mit Vollzeitjob droht gar eine Rente unter 1000 Euro netto. Davon sind rund 2,7 Millionen Frauen betroffen.

Das deutsche Rentensystem schneidet im internationalen Vergleich schlecht ab

Mit diesen Besorgnis erregenden Werten schneidet das deutsche Rentensystem im internationalen Vergleich schlecht ab. Im Durchschnitt haben hiesige Rentner nur 52,9 Prozent dessen zur Verfügung, was sie vorher netto verdient haben. Damit liegt das Rentenniveau unter dem Durchschnitt der westlich orientierten Staaten (58,6 Prozent) und weit hinter anderen europäischen Ländern. In den Niederlanden liegt das Rentenniveau beispielsweise bei 89,2 Prozent, in Österreich bei 87,1 Prozent, in Dänemark bei 84 Prozent, in Spanien bei 80,3 Prozent und in Frankreich bei 74,4 Prozent.

Für ein reiches Land wie Deutschland sind das erschreckend schlechte Zahlen. Da hilft es wenig, dass der Gesetzgeber bis 2025 ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent garantiert.

Die Konsequenz: Viele langjährige Arbeitnehmer mit Aussichten auf eine geringe Rente müssen länger arbeiten als geplant. Das durchschnittliche Renteneintrittsalter lag in Deutschland 2021 bei rund 64 Jahren. Doch immer mehr Menschen arbeiten auch mit über 65 weiter, derzeit sind das etwa 17 Prozent der Arbeitnehmer.

Eine funktionierende Altersversorgung muss für die deutsche Politik höchste Priorität bekommen

Die Bundesregierung arbeitet an einer Rentenreform, die Opposition macht sich auch ihre Gedanken dazu. Möglicherweise steigt die Rentenkasse in den Kapitalmarkt ein, möglicherweise wird das Renteneintrittsalter noch einmal angehoben und an die Lebenserwartung angepasst.

Wichtig ist nun, dass eine funktionierende Altersversorgung für die deutsche Politik höchste Priorität bekommt – der Spitzen-Wirtschaftsleistung angemessen, die von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erbracht wird. Alles andere wäre für dieses reiche Land ein Schande.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden