Die Segen.Servicestelle der bayerischen Landeskirche soll helfen, kirchliche Ansprechpartner*innen und Orte für Taufen, Trauungen oder Bestattungen zu finden. Auch außergewöhnliche Wünsche – etwa eine Schnapszahl-Hochzeit am 22. Februar 2022 um 22.22 Uhr – können die Pfarrer*innen erfüllen. Doch Maria Ammon verrät im Sonntagsblatt-Gespräch, dass das Interesse daran derzeit gegen Null geht. 

Was die möglichen Gründe dafür sind, welche verrückten Anfragen sie schon bekommen hat und welche unbegründeten Vorurteile viele Heiratswillige gegenüber der Kirche haben, erklärt sie im Interview. 

Das Schnapszahl-Datum 22.2.22 soll ein sehr beliebtes Hochzeitsdatum sein. Können Sie das aus Ihrer Arbeit bei der Segen.Servicestelle bestätigen?

Maria Ammon: Nein. Wir haben tatsächlich einen gegenläufigen Trend wahrgenommen. Ich habe für den 22. Februar keine einzige Anfrage.

"Viele hatten ihre Hochzeit schon für 2020 geplant, und dann mehrfach verschoben."

Woran könnte das liegen?

Ammon: Okay, das ist ein Dienstag, also vielleicht eher etwas fürs Standesamt. Wir kriegen aber gerade ganz viel Verunsicherung bei den Paaren mit und erleben viele Rückzieher und Verschiebungen. Viele hatten ihre Hochzeit schon für 2020 geplant, und dann mehrfach verschoben. Da gibt es welche, da ist mittlerweile das Kind auf der Welt. Das Hochzeitskleid passt schon gar nicht mehr. Ein drittes Mal eine Einladung raus zu schicken, das ist für viele einfach nicht denkbar.

Also stellen Sie fest, dass Corona derzeit ein großes Hemmnis für Hochzeiten darstellt?

Ammon: Absolut. Das Problem ist ja nicht nur der Akt am Standesamt, sondern auch, wie man das danach macht, mit dem Essen gehen. In vielen Familien oder Freundeskreisen sind ein, zwei oder drei Leute nicht geimpft. Und die dürfen unter Umständen gar nicht mit in die Gaststätte. Deshalb sagen viele, wir machen es lieber in den Sommermonaten, wenn die Einschränkungen gering sind. Das ist der Trend, den wir wahrnehmen.

Pfarrerin Maria Ammon
Pfarrerin Maria Ammon arbeitet für die Segen.Servicestelle.

"Vielleicht ist es die Garantie, dass man den Hochzeitstag nicht vergisst."

Können Sie von diesem Trend mal abgesehen bestätigen, dass Paare grundsätzlich gerne an Tagen mit Schnapszahl-Datum heiraten?

Ammon: (lacht) Vielleicht ist es die Garantie, dass man den Hochzeitstag nicht vergisst. Aber ich muss sagen, dass mir das bisher noch nicht so untergekommen ist. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass wir ja für die Trauung angefragt werden, die in aller Regel an einem Samstag stattfinden. Also müsste die Schnapszahl auch noch zufällig an einem Samstag sein. Was ich schon hatte, waren Paare, die auf den Tag genau ein Jahr nach ihrer Verlobung heiraten wollten.

Aber theoretisch würden Sie es bei der Segen.Servicestelle schon hinkriegen und eine*n Pfarrer*in finden, der*die das auch am 22. Februar macht?

Ammon: Ich denke schon. Es ist natürlich immer wichtig, ins Gespräch zu kommen mit der Pfarrerin oder dem Pfarrer vor Ort. Wenn die dann nicht um 22 Uhr 22 könnten, weil sie vielleicht kleine Kinder haben, würde ich den Radius vergrößern und schauen, ob es einen anderen Pfarrer oder eine andere Pfarrerin gibt, die das begleitet und vielleicht auch Spaß dran hat.

"In der Kirche ist viel möglich, wenn man rechtzeitig auf die Leute zugeht und flexibel ist."

Sprich, nichts ist unmöglich bei Ihnen?

Ammon: Zumindest ist sehr viel möglich. Es ist immer wichtig, miteinander zu reden und seine Vorstellungen einzubringen anstatt vorschnell zu sagen: Ich habe relativ eigene Vorstellungen, da gehe ich mal lieber gleich zur freien Rednerin oder zum freien Redner. In der Kirche ist sehr viel möglich, wenn man rechtzeitig auf die Leute zugeht und flexibel ist. Falls jemand kirchlich heiraten möchte: Wir kriegen das auch wirklich spontan hin. Meldet euch!

Und Sie helfen in so einem Fall ganz konkret bei der Suche?

Ammon: Genau. Bei uns melden sich Paare, die gar nicht wissen, zu welcher Gemeinde sie eigentlich gehören oder die heiraten wollen, aber denen die Strukturen der Kirche nicht klar sind. Und die vermitteln wir dann weiter. Manchmal melden sich auch Paare, die in einer bestimmten Location heiraten wollen, der Pfarrer vor Ort kann oder möchte das aber nicht begleiten. Und dann gehen wir auf die Suche nach Pfarrer*innen, die bereit sind, auch mal ein paar Kilometer mehr zu fahren oder einen Extrawunsch zu erfüllen.

"Viele denken, die Segen.Servicestelle sei nur da, um Pfarrer*innen zu finden, die vom Flugzeug mit einem Fallschirm abspringen, und auf dem Weg zum Boden wird der Trausegen gesprochen."

Was war denn die ungewöhnlichste Anfrage, die Sie bisher bekommen haben?

Ammon: Viele denken, die Segen.Servicestelle sei nur da, um Pfarrer*innen zu finden, die vom Flugzeug mit einem Fallschirm abspringen, und auf dem Weg zum Boden wird der Trausegen gesprochen. (lacht) Aber tatsächlich hält sich das sehr im Rahmen. Oft sind es eher so Sachen wie: Wir wohnen in München, aber eine Trauung dort ist wahnsinnig teuer. Wir gehen deshalb ins Fränkische und suchen eine Pfarrerin oder einen Pfarrer, der oder die das begleitet. Oder wir suchen eine Kirche., wir haben die und die Vorstellungen, eine mittelalterliche Kirche oder eine Kirche mit Mittelgang. Das meiste sind ganz pragmatische Wünsche.

"Die kirchlichen Strukturen sind oft nicht leicht zu durchschauen."

Also ist Ihnen bisher gar nichts Verrücktes untergekommen?

Ammon: Ja gut, ein Kollege hatte das mal, da sollte ein Hund die Eheringe bringen. Das findet ja auch nicht jeder Pfarrer gut. (lacht) Aber das ist wirklich die Ausnahme. Die meisten Leute suchen eher eine Vermittlung. Die kirchlichen Strukturen sind ja auch oft nicht leicht zu durchschauen. Das Schlimmste ist, wenn Leute sich dann in ihrer Ratlosigkeit lieber gleich an freie Redner*innen wenden. Genau das wollen wir mit der Segen.Servicestelle vermeiden.

"In der evangelischen Kirche ist auch eine Trauung unter freiem Himmel möglich."

Arbeiten Sie auch mit Wedding-Planern zusammen?

Ammon: Ja, wobei das bisher eigentlich eher ein oberbayerisches Phänomen ist. Da ist es nach unserem Eindruck stärker ausgeprägt als in Franken. Vielleicht liegt es auch an der Finanzkraft in München. Aber klar, da gibt es Kontakte, und wir wollen auch gerade denen vermitteln, dass sie sich an uns wenden können. Schließlich ist in der evangelischen Kirche auch eine Trauung unter freiem Himmel möglich.

Solange das Wetter mitspielt, oder?

Ammon: Das ist ja gerade das Gute bei uns: Wir haben dann immer noch das Backup mit der Kirche. Für Plan B ist also immer gesorgt.