Es herrscht vegane Jubiläumsstimmung: Seit 2012, also seit zehn Jahren, schnappen sich Jugendliche beim Projekt "Kirchen-WG" in Prien ihre Zahnbürsten und ziehen für eine Woche ins evangelische Gemeindehaus. Dieses Jahr wollen sich die Bewohner ohne tierische Produkte ernähren und Müll vermeiden. Die WG, die diesen Samstag startet, zählt zu den beliebtesten Angeboten der Evangelische Jugend Bad Endorf, Aschau-Bernau und Prien (EJ BAP), erzählt Kirchen-WG-"Papa" Felix von Kiesling. Im Gespräch mit dem Sonntagsblatt verrät er, woran das liegen könnte.

Herr von Kiesling, wer zieht denn da ab Samstag in die Kirchen-WG ein - und warum?

Felix von Kiesling: Die Jugendlichen sind zwischen 14 und 22 Jahre und überwiegend in Kirchengemeinden aktiv. Manchmal bringt auch jemand Freunde mit, die ansonsten nichts mit Kirche zu tun haben. Manche sind nur einzelne Tage da, andere werden die ganze Zeit hier verbringen. Das Projekt lebt auch vom Ort Gemeindehaus: Es ist in vielen Gemeinden das Herzstück. Pfarrer und Pfarrerinnen, Pfarrsekretariat, Gemeindemitglieder und andere Gruppen: Alle tummeln sich dort. Hier leben zu dürfen während der normale Betrieb weiterläuft, gibt den Jugendlichen das Gefühl, erwünscht zu sein und nicht abseits zu stehen.

Neben Spaß und Gemeinschaft lernen die Jugendlichen in der Kirchen-WG außerdem, Verantwortung zu übernehmen. Wie organisieren wir unseren Alltag? Wer putzt? Wer kocht - und vor allem was?

"Wir werden uns vegan ernähren."

Apropos Essen - Ernährung und Nachhaltigkeit sind in diesem Jahr eure Schwerpunkte. Was ist dazu geplant?

von Kiesling: Wir werden uns vegan ernähren. Auf Veranstaltungen der EJ BAP wird schon seit Jahren vegetarisch gekocht. Eine Jugendliche aus dem Organisationsteam der WG lebt vegan und bringt an dieser Stelle ihre Expertise ein. Auch haben wir Rezeptideen, Tipps und Tricks vorbereitet und werden sie in der Küche aufhängen. Für manche wird das ein Experiment - und lockt vielleicht etwas aus der Komfortzone.

Zum anderen wollen wir möglichst wenig Verpackungsmüll produzieren. Also zu unverpacktem Obst und Gemüse greifen, Produkte aus der Region oder Bioprodukte nehmen und viele Kleinigkeiten mehr. Und wir haben einen Referenten zum Thema Müll und Nachhaltigkeit eingeladen.

Welche Rolle spielt die Corona-Pandemie für Kirchen-WG und Jugendarbeit?

von Kiesling: Die Corona-Pandemie hat die Jugendarbeit sehr hart getroffen. Die Kirchen-WG hatte aber Glück: 2020 war unsere WG im Februar, also vor dem ersten Lockdown. 2021 durfte die Jugendarbeit in Bayern zumindest über den Sommer eine kurze Zeit durchschnaufen, was uns eine weitere Kirchen-WG ermöglicht hat. Nichtsdestotrotz spüren auch wir, wie dringend die Jugendlichen ein soziales und intensives Miteinander brauchen, das Erleben von Gemeinschaft. Und wie sehr sie es vermissen.