Die Kunstvilla im KunstKulturQuartier Nürnberg stellt ab 25. Juni zum ersten Mal Werke aus den Sammlungsbeständen aus, die während des Nationalsozialismus entstanden sind. In "Grauzonen. Nürnberger Künstler:innen im Nationalsozialismus" soll sowohl ein kritischer Blick auf die Werke als auch auf die Umstände ihrer Entstehung geworfen werden, sagte Kunstvilla-Leiterin Andrea Dippel im Gespräch mit dem Sonntagsblatt.

Zeit, sich da ranzutrauen 

Nachdem in den 1970er-Jahren noch erbittert diskutiert worden sei, ob man Kunst dieser Zeit überhaupt ausstellen dürfe, "scheint nun die Zeit gekommen zu sein, dass man sich da dran traut", sagte Dippel. Inzwischen entstünden solche Ausstellungen überall.

Im Rahmen eines zweijährigen Forschungsprojektes wurde erkundet, wie sich das Kunstschaffen zwischen 1933 und 1945 in Nürnberg gestaltete. "Man hat die Kunst der NS-Zeit lange sehr binär gesehen: Es gibt die 'entartete' Kunst, auf die man sich in der Kunstgeschichte berief und die ausgestellt wurde. Die systemkonforme Kunst wurde lange Zeit ausgeblendet." Dabei gebe es auf regionaler Ebene sehr viele Graustufen jenseits des Schwarz-Weiß-Denkens. Dippel erklärt:

"Manche Künstler wurden einerseits als entartet aus Sammlungen entfernt und bekamen gleichzeitig offizielle Aufträge. So einfach ist das eben nicht."

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts spiegeln sich auch im Titel der Ausstellung wider.

Auch das ist Kunst

Dass die Werke der NS-Zeit in einer Kunstausstellung und nicht in einem historischen Museum gezeigt werden, sei eine Neuerung.

"Man wollte lange Zeit auf keinen Fall den Eindruck erwecken: Das ist Kunst. Das sehe ich nicht so. Man muss sagen: Es ist auch Kunst in der Zeit des Nationalsozialismus entstanden."

Es habe durchaus Handlungsoptionen für die Künstler gegeben. Wie in jeder Diktatur sei das Handeln aber oft willkürlich gewesen, sodass für Kunstschaffende oft nicht erkennbar gewesen sei, womit sie anecken und womit sie Erfolg haben würden. Manche hätten sich stärker angepasst, andere weniger.

In der Sonderausstellung gezeigt werden 200 Werke von rund 60 Künstlerinnen und Künstlern, die einen Überblick über die Entwicklung der Nürnberger Kunst von den 1920er-Jahren über die NS-Zeit bis in die Nachkriegszeit geben.

Unverdächtige Motive

Die meisten der gezeigten Künstler waren bereits in der Weimarer Republik tätig und setzten ihr Schaffen in der NS-Zeit fort. "Manche dieser Werke, unverdächtige Motive wie Landschaften oder Stillleben, hingen bis in die 70er-Jahre noch unbehelligt in der Verwaltung. Danach wurden sie deponiert", sagte Dippel.

Die Begleittexte zu den Werken sind auch in englischer und leichter Sprache verfügbar. Am Ende der Ausstellung wird laut Dippel von den Besucherinnen und Besuchern ihre Meinung zu den Bildern erfragt:

"Wir wollen von ihnen wissen: Soll man diese Werke ausstellen? Soll man sie wieder im Depot verschwinden lassen oder sogar vernichten? Auf die Meinungen sind wir sehr gespannt."