Der Sommer naht, die Corona-Pandemie scheint immer weniger bedrohlich - Zeit, um Urlaubspläne zu schmieden. Aber muss man immer in die Ferne schweifen? Der bayerische Kabarettist Gerhard Polt hat dazu eine klare Meinung: "Meine Frau und ich haben heuer mal eine Weltreise gemacht. Aber ich sag's Ihnen gleich, wie es ist: Da fahren wir nimmer hin." Der deutsche Kleinbürger als Tourist war ihm oft eine Inspiration für seine Sketche. Am meisten hat er den Menschen aber dort aufs Maul geschaut, wo er selbst herstammt: in seiner Heimatstadt München. Am 7. Mai wird der große Menschenbeobachter Gerhard Polt 80 Jahre alt.

Seine Sprachkunst, sein darstellerisches Talent und seine Beobachtungsgabe sind einem bundesweiten Publikum durch die Serie "Fast wia im richtigen Leben" bekannt geworden, die ab 1979 in der ARD ausgestrahlt wurde. Mit dem Regisseur Hanns Christian Müller und der Schauspielerin Gisela Schneeberger als seiner Spielpartnerin - mit ihr arbeitet er seit Jahrzehnten zusammen - entlarvte Polt in kleinen Sketchen den spießigen Kleinbürger, den neureichen Ehemann oder den überforderten Familienvater. Als Kabarettist will er sich selbst übrigens nicht bezeichnen: "Ich bin ein Erzähler, ich erzähle Geschichten", so sagt er es immer wieder in Interviews.

Seine Kindheit hat ihn geprägt 

Das tut er bis heute in zahlreichen Theaterproduktionen und Kabarett-Programmen, Büchern und Filmen. Humor halte den Menschen einen Spiegel vor und gebe die Chance zur Erkenntnis, zum "Öha!"-Moment, in dem man Perspektiven wechseln und Dinge neu beleuchten könne, sagte er 2020 auf einer Veranstaltung in Tutzing.

Polt wird 1942 geboren, mitten im Zweiten Weltkrieg. Nach wenigen Monaten zieht seine Mutter mit ihm von München in den katholischen Wallfahrtsort Altötting - der Vater ist im Krieg - und wird bei der dortigen Metzgerei Steffel einquartiert. Der Ort und die Metzgerei prägen ihn nachhaltig. Seine Mutter und der "Steffl Metzger" hätten "dazu geholfen, daß ich im Verlauf meines bisherigen Daseins mit vielen Auszeichnungen gesegnet worden bin", schreibt Polt auf seiner Internetseite.

Polt arbeitet zunächst als Sprachlehrer 

Anfang der 1950er Jahre zieht die Familie zurück nach München. Polt studiert zunächst Politikwissenschaften, Geschichte und Kunstgeschichte und geht dann für ein Studium der nordischen Sprachen mehrere Jahre ins schwedische Göteborg.

Wieder in München arbeitet er zunächst als Übersetzer und Sprachlehrer. 1971 heiratet er die Lehrerin Christine ("Tini") Polt, 1979 wird der gemeinsame Sohn geboren. Seine ersten Auftritte hat er 1976 mit dem Kabarett-Programm "Kleine Nachtrevue" im Münchner Theater Die Kleine Freiheit. Im selben Jahr wird sein erstes Hörspiel im Radio gesendet: "Als wenn man ein Dachs wär in seinem Bau" über Menschen in der Münchner Amalienstraße, die durch die Stadtsanierung aus ihrer angestammten Umgebung vertrieben werden. In dem Stück übernimmt er selbst mehr als 30 verschiedene Sprechrollen.

Sein Dialekt ist ein wichtiger Teil seiner Kunst

Nicht nur die Trachtenjacke, die Polt meist bei seinen Auftritten trägt, macht ihn gleich als echten Bayern erkennbar - auch sein Dialekt ist ein wichtiger Bestandteil seiner Kunst. Der österreichische Kabarettist Josef Hader sagte kürzlich in einem "Spiegel"-Interview: "Die österreichische ist wie die bayerische Sprache weicher, das heißt, wir können böse Dinge sagen, und die Leute hören es sich trotzdem gern an. Vieles von dem, was Gerhard Polt sagt, würde man nicht aushalten, wenn es auf Hochdeutsch daherkäme."

Für den echten Bayern Polt waren auch die Kirche und die CSU dankbare Inspirationsquellen seiner Satiren. Trotzdem verlieh ihm Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Oktober 2021 den Bayerischen Verdienstorden "als Zeichen ehrender und dankbarer Anerkennung für hervorragende Verdienste um den Freistaat Bayern und das bayerische Volk". Ein weiterer Preis in einer beeindruckenden Sammlung bundesweiter Kunst- und Kulturpreise.

Polt ist auch mit 80 noch nicht fertig 

Regelmäßig begleitet wird Polt seit 1980 von der Musik- und Kabarettgruppe "Biermösl Blosn", heute in etwas anderer Besetzung als "Well-Brüder aus’m Biermoos". Mit ihrem gemeinsamen Programm "40 Jahre - Ein Jubiläumsabend" treten sie in den kommenden Monaten mehr als ein Dutzend Mal auf.

Überhaupt hat Polt, der in Neuhaus am Schliersee, in München und im italienischen Küstenort Terracina lebt und arbeitet, auch mit 80 offenbar nicht vor, sich zur Ruhe zu setzen. Mitte April erschien sein neuestes Buch "Dr. Arnulf Schmitz-Zceisczyk" über einen beschäftigten Privatier vom Tegernsee. Ebenfalls im April hatte der österreichisch-deutsche Spielfilm "Der Onkel - The Hawk" Premiere, in dem Polt eine Nebenrolle spielt. Neben seiner eigenen Arbeit setzt sich Polt mit der Initiative "Forum Humor und komische Kunst e.V." seit Jahren für ein "Haus für Humor" in München ein.

"Es ist eine Gnade", sagte Polt vor wenigen Monaten in einem Interview mit Jasper Riemann von der Deutschen Journalistenschule, "wenn man die Chance hat, das zu machen, was einem Spaß macht und was einen auch irgendwie erfüllt."