Bei den Räumlichkeiten, dem Garten und dem Haus im Allgemeinen fallen keine markanten Unterschiede zwischen dem evangelischen Kindergarten in Erding und einer staatlichen Kita auf. Petra Schmidt, die Leiterin, bestätigt diesen ersten Eindruck und erklärt, dass es auch in der Erziehung und im Tagesablauf nur wenige Unterschiede gäbe, da sich alle Kindergärten, unabhängig vom jeweiligen Träger, an den Bildungs- und Erziehungsplan halten müssten.

Trotzdem läge in ihrem Haus ein Schwerpunkt auf der religiösen Erziehung, doch da die Gedanken der Nächstenliebe, der Wertschätzung und der Schöpfungsgedanke in fast allen Religionen die Grundlage seien, falle dieser nicht stark auf. 

Genaues Unterscheiden zwischen den Religionen würde in Überforderung enden

Der evangelische Kindergarten in Erding versucht besonders weltoffen zu sein. Er wird von Kindern aus allen Weltreligionen besucht, die zum Beispiel auch ihre gewohnte Gebetshaltung mit in die Tagesstätte bringen dürfen. "Das ist genauso in Ordnung wie das Falten der Hände bei uns", betont Schmidt.

Sie erläutert auch, dass die Kinder den genauen Unterschied zwischen den Religionen noch gar nicht begreifen könnten und es sie überfordern würde, wenn man genauer auf Begriffe wie katholisch, evangelisch, orthodox oder muslimisch eingehen würde. Es wird allerdings zum Beispiel auf die verschiedenen Feste und Bräuche in den unterschiedlichen Religionen eingegangen, also das Erntedankfest, St. Martin, Weihnachten oder Ostern im Christentum und das Zuckerfest im Islam.

Der Bezug zur Kirchengemeinde wird durch eine evangelische Kita verstärkt

Auf diesen Festen liegt in evangelischen Kitas ein stärkerer Fokus als in staatlichen Tagesstätten, wie auch Christiane Münderlein, die Vorständin des evangelischen Kita-Verbands in Bayern, betont. In Erding versuchen die Erzieher*innen laut Schmidt speziell zur Weihnachtszeit eine kuschlige und gemütliche Atmosphäre für die Kinder zu schaffen, in der sie Ruhe und Geborgenheit finden können, wenn in der Außenwelt alles hektischer wird und viele Menschen gestresst sind.

Petra Schmidt kennt die konkreten Vorteile eines evangelischen Kindergartens. Sie betont, dass die Anbindung an die Kirchengemeinde bei einer kirchlichen Trägerschaft deutlich ausgeprägter sei als bei einem staatlichen Träger. Die Kinder hätten einen stärkeren Bezug zu ihrer Gemeinde, da gemeinsame Feste und Gottesdienste gefeiert würden und sie auch ihren Pfarrer, der öfters vor Ort sei, erkennen würden  

Unterstützungsangebote stehen schneller und einfacher zur Verfügung

Zudem sei der Weg zu evangelischen Beratungsstellen bei Problemen innerhalb der Familie deutlich kürzer und diese könnten schneller mit einbezogen werden und früher Hilfe leisten. Auch Zugezogene fänden durch die Kirchengemeinde, die hinter dem Kindergarten steht, schneller Anschluss und stünden nach einem Wohnortswechsel nicht ganz so alleine da, als wenn sie ihr Kind in einen staatlichen Kindergarten gegeben hätten, so Schmidt.

Die Leiterin ist auch der Ansicht, dass die evangelischen Kindergärten trotz der steigenden Zahl an Kirchenaustritten relevant bleiben würden. Einerseits versuchten die Städte eine möglichst große Bandbreite an verschiedenen Trägern vorweisen zu können und andererseits spiele es auch keine Rolle, wie viele Kinder in ihrem Kindergarten evangelisch seien, die Zuschüsse blieben immer identisch.

Fachkräftemangel ist überall ein Problem

Der Anteil der evangelischen Kinder im Kindergarten in Erding ist sogar erstaunlich klein. „Im Moment haben wir durch die Flüchtlingswelle natürlich sehr viele Kinder aus den verschiedensten anderen Religionsbereichen. Durch den Flughafen und durch ein großes, internationales Unternehmen haben wir auch sehr viele asiatische Religionen vertreten. Wir haben auch orthodoxe und katholische Kinder, die zu uns kommen“, erläutert die Leiterin der Tagesstätte.

Im Bezug auf den Fachkräftemangel bei Erzieherinnen meint Schmidt, dass evangelische Träger es mindestens genauso schwer hätten wie staatliche und dass die Arbeitsmarktsituation derzeit extrem angespannt sei. Ein erschwerender Umstand ist zudem, dass evangelische Kindergärten zwar vom Tarifvertrag her angeglichen seien, allerdings längere Arbeitszeiten als andere Träger hätten.

Ein gutes Arbeitsklima ist essentiell wichtig

Während die Wochenarbeitszeit bei einem katholischen Träger bei 39 Stunden und bei der AWO bei 38,5 Stunden liegt, müssen Angestellte bei evangelischen Trägern 40 Wochenstunden leisten. Daher sei es essentiell wichtig Arbeitsbedingungen zu schaffen, bei denen die Erzieher*innen gerne kämen.

Dazu gehört zum Beispiel, dass sie im Krankheitsfall durch die Kirchengemeinde aufgefangen werden, dass es Lob gibt oder dass die Kollegen auch mal mit Belohnungen verwöhnt würden. Das Arbeitsumfeld und das Arbeitsklima sei einfach besser als in vielen anderen Kindergärten, sodass sich Petra Schmidt auch über ein Stammteam freuen kann, das schon seit vielen Jahren besteht.

Letztendlich sei es jedoch immer am besten, wenn die Eltern die Kita selbst besuchen und schauen würden, ob es sich dort für einen gut anfühle, betont Christiane Münderlein. Wer seine Kinder selbst mit einem guten Gewissen in einer Tagesstätte abgeben könne und keine Sorge um die Kleinen haben müsse, der mache eigentlich schon alles richtig.

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