Geistliche, die Kirchenasyl gewähren, können in bestimmten Fällen straffrei bleiben. Das hat der 1. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts am Freitag in einer Art Grundsatzurteil entschieden. Damit folgte der Senat inhaltlich dem Urteil des Amtsgerichts Kitzingen, das einen Ordensbruder aus Unterfranken in erster Instanz freigesprochen hatte. Damit ist das Urteil des Kitzinger Amtsgerichts, das bundesweit Beachtung gefunden hatte, rechtskräftig.

Mönch war wegen Beihilfe zu unerlaubtem Aufenthalt angeklagt

Der Benediktiner-Bruder Abraham Sauer von der Abtei Münsterschwarzach hatte einem im Gazastreifen geborenen Mann in der Abtei Kirchenasyl gewährt und war wegen Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt angeklagt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte nach dem Freispruch im vergangenen Jahr Rechtsmittel eingelegt.

Der Kitzinger Begründung des Freispruchs durch Glaubens- und Gewissensgründe folgte der Senat jedoch ausdrücklich nicht. In der Urteilsverkündung hieß es, der Senat könne das Handeln aus Gewissensnot "nicht als Entschuldigungsgrund, der zur Straffreiheit führt" anerkennen. Der Gesetzgeber müsse klären, in welchen Fällen dieses Handeln gerechtfertigt sei. Stattdessen sei für den Freispruch relevant, dass der Ordensbruder nicht durch aktives Handeln zum unerlaubten Aufenthalt des Asylsuchenden beigetragen habe, sondern lediglich durch Unterlassung.

Nicht verpflichtet, Straftat eines anderen zu verhindern

Um nach dem negativen Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Unterbringungssituation aufzulösen, hätte der Geistliche den Asylsuchenden aktiv der Abtei verweisen müssen, was er nicht tat. Zudem sei er nicht verpflichtet gewesen, die Straftat eines anderen - in diesem Fall der unerlaubte Aufenthalt des Asylsuchenden - zu verhindern.

Der Senat knüpfte die Straffreiheit allerdings daran, dass sich Geistliche an gewisse Abläufe halten müssten, die bereits 2015 in einer Vereinbarung zwischen dem BAMF und den christlichen Kirchen festgelegt wurden. Sollte vom BAMF nach der Einzelfallprüfung ein negativer Bescheid für die asylsuchende Person eintreffen, seien Geistliche nicht verpflichtet, gegen den Willen der Betroffenen das Kirchenasyl zu beenden. Die Geistlichen dürften Asylbewerber aber auch nicht dazu ermutigen, im Kirchenasyl zu bleiben.

Rechtsanwalt erfreut

Der freigesprochene Benediktiner-Bruder Abraham Sauer war aufgrund einer Corona-Erkrankung nicht selbst bei der Verhandlung in Bamberg zugegen. Sein Rechtsanwalt Franz Bethäuser äußerte sich nach der Verhandlung "erfreut, dass der Senat sich so ausführlich mit der Thematik beschäftigt hat". Für andere offene Kirchenasyl-Verfahren, wie das gegen die oberfränkische Benedektiner-Äbtissin Mutter Mechthild Thürmer, bedeute das:

"Es müsste einen Freispruch geben."