Gleich mehrere Todesfälle kurz hintereinander innerhalb der Familie gingen der Gründung der Stiftung vor gut 20 Jahren voraus. "Miteinander" nannte Agnes Chrambach ihr Herzensanliegen, für das sie sogar ihren Beruf als Lehrerin an der Nürnberger Wilhelm-Löhe-Schule vorzeitig an den Nagel hängte. "Irgendwann kam der Punkt", sagt die 63-Jährige, "an dem ich mich entscheiden musste: Stiftung oder Schule".

Längst war die Arbeit für ihre Stiftung zu einem Fulltime-Job geworden: Seit 2003 ist sie Vorsitzende der Miteinander-Stiftung Nürnberg, die sich für die Integration benachteiligter Menschen sowie das friedliche Miteinander unterschiedlicher Religionen einsetzt.

"Wir wollen nicht das Trennende betonen, sondern das Gemeinsame suchen, um das Leben in unserer Stadt für alle menschenwürdig zu gestalten",

heißt es in der Präambel der Stiftung. Und weiter: "Niemand soll wegen seines persönlichen Schicksals, seiner Herkunft und Religion oder einer Krankheit aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden." Es werden Projekte gefördert, die dieses Ziel umsetzen.

Geld auf der Bank ist tot

"Wir wollen Menschen unterstützen, die in Notlagen geraten sind", fasst Agnes Chrambach ihr Anliegen zusammen. Stärken möchte sie insbesondere auch psychisch Kranke sowie verhaltensgestörte Kinder und Jugendliche. Geld auf der Bank sei "totes Geld", findet sie. Und möchte vielmehr etwas bewirken, zeigen, dass verschiedene Kulturen und Religionen sehr wohl friedlich zusammenleben können.

Agnes Chrambach ist geprägt von der Sparsamkeit der Nachkriegsgeneration. "Eine Weltreise stand für mich nie zur Debatte", sagt sie im Hinblick auf ihr gestiftetes Vermögen: "Auch Schmuck ist nicht mein Ding. Ich brauche nicht in Saus und Braus zu leben." Deutschland ist ihrer Meinung nach geprägt von großen Einkommensunterschieden innerhalb der Bevölkerung und mittlerweile Einwanderungsland.

Dann erzählt sie von ihrem jüdischen Urgroßvater, der in späteren Jahren zum evangelischen Glauben konvertiert ist. Wichtig ist Agnes Chrambach - nicht zuletzt vor diesem Hintergrund - eine "bunte Mischung" im Stiftungsrat, wo aktuell neben Christen auch Muslime und Juden vertreten sind.

Budget von rund 10.000 Euro im Jahr

Rund 10.000 Euro stehen der Stiftung im Jahr zur Verfügung. Damit werden etwa soziale Trainingsmaßnahmen für junge Migranten gefördert: "Dabei erlernen sie zum Beispiel Schlüsselqualifikationen, die ihnen oftmals nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen", erklärt Agnes Chrambach. Weitere erfolgreiche Projekte sind der Aufbau einer Fahrradwerkstatt, die eine Theaterworkshop mit Flüchtlingskindern sowie ein Pilotprojekt zur Gewaltprävention auf pädagogisch betreuten Spielplätzen oder ein Nachhaltigkeits-Kochkurs für Kinder und Jugendliche.

Nach mehr als 20 Jahren habe die Stiftung einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht, weiß die Vorsitzende des Stiftungsvorstands. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, hereinkommende Anträge durchzugehen, mögliche Fragen zu klären und die übrigen Stiftungsmitglieder auf dem Laufenden zu halten. Zweimal im Jahr treffen sich Stiftungsvorstand und -rat, um über die eingegangenen Anträge zu beraten und die Gelder entsprechend dem Stiftungsziel zu verteilen.

Wenn sich Einzelpersonen um eine Förderung bemühten, erklärt Agnes Chrambach, erhielten diese zwar keine finanzielle Unterstützung, doch nach Möglichkeit Hinweise, die ihnen weiterhelfen können. "Sobald ein Projekt läuft, ist es wichtig, dass sich Mitglieder der Stiftung auch vor Ort blicken lassen", fügt sie hinzu: "Gerade im sozialen Bereich sind es meist Ehrenamtliche, deren Arbeit es nicht zuletzt zu würdigen und wertzuschätzen gilt."

Agnes Chrambach und ihre Stiftung

Agnes Chrambach und ihre Stiftung gehören eng zusammen. Ebenso wie die vielen Bücher in ihrer Wohnung, von denen sie manche selbst geschrieben hat, sowie ein guter Hektar Mischwald in ihrer niederbayerischen Heimat Deggendorf, dessen Pflege sie zeitlebens an ihre Großeltern erinnern wird. "Solange ich krabbeln kann", sagt Agnes Chrambach entschlossen, "werde ich mich auch um dieses Stück Natur kümmern".

Deutschland gilt als eines der stiftungsreichsten Länder Europas. Von mehr als 25.000 rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts wurden 693 allein im vergangenen Jahr gegründet; die Stadt Nürnberg verwaltet insgesamt 50 Stiftungen.

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