Es ist erdrückend: Krise folgt auf Krise, Krieg auf Krieg. Da wird Israel von islamistischen Terroristen überfallen, dort kämpft die Ukraine seit 22 Monaten gegen einen Feind, der ihre Vernichtung will. Mit welcher Menschenverachtung diese Gewalttaten verübt werden, lässt einen sprachlos zurück.

Die Liste schlechter Nachrichten ließe sich verlängern: Nach dem Hamas-Massaker nehmen antisemitische Anfeindungen zu, auch in Deutschland. Rechtspopulisten sind in Europa auf dem Vormarsch, zuletzt mit einem Überraschungssieg in den Niederlanden. In Bayern wurden die Rechtsextremen und unter Beobachtung des Verfassungsschutz Stehenden stärkste Oppositionspartei. Im sächsischen Pirna stellen sie seit einer Woche den Oberbürgermeister. Rote Linien, die als unüberschreitbar galten, sind keine mehr.

Die Demontage der Demokratie ist umkehrbar

In all diesem Verstörenden gibt es aber auch gute Nachrichten, die hoffen lassen und die bei allem Negativen fast untergegangen wären: So haben die Polen nach acht Jahren rechtsnationalem PiS-Regime einen Regierungswechsel herbeigeführt. Dabei hat sich gezeigt, dass eine Demontage der Demokratie umkehrbar ist und durch einen einzigen Wahltag beendet werden kann.

In der vergleichsweise jungen Demokratie Polen gingen die Menschen zu Hunderttausenden in den vergangenen Monaten auf die Straße, Woche für Woche demonstrierten sie in Warschau gegen die rechtsnationale Regierung, die 2015 an die Macht kam und begann, den Staat nach ihrem Geschmack umzubauen.

Ein Hoffnungszeichen in unserer Zeit der vielen Krisen

Die Bevölkerung war politisiert, diskutierte kenntnisreich die Lage, und das trotz der gut geölten Propagandamaschinen, derer sich die PiS bediente. Am Ende setzte sich die Opposition aus einem sozial-liberal-konservativen Zweckbündnis durch, das sich um den früheren EU-Ratspräsidenten Donald Tusk scharte. Er versprach die Rückkehr des Rechtsstaats und gab ein klares Bekenntnis zu Europa und zur EU ab.

Damit könnte Polen künftig wie ein Bollwerk wirken. Wenn der Westen die militärische Unterstützung der Ukraine nicht mehr ernst nimmt, Polen tut es. Als direkter Nachbar kennt es keine Ukrainemüdigkeit. Polen weiß, dass ein westlicher Rückzug nicht zu Verhandlungen führt. Denn die sind nicht nur in der Ukraine unpopulär, sondern auch in Russland, wo man lieber auf einen Sieg von Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen 2024 wartet.

Das Beispiel Polen zeigt, dass Demokratien wehrhaft sein können; dass das Unrechtsempfinden ihrer Bürger, deren Wunsch nach einer liberalen Gesellschaft stark ist. Das ist ein Hoffnungszeichen in unserer Zeit der vielen Krisen.

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