In ihrer Ansprache erklärte die Bayreuther Regionalbischöfin Dorothea Greiner die Bedeutung dieses Gedenkorts: "Wir schaffen Raum für Erinnerung. Wir ermutigen zur Reflexion, um die Macht des oft unbewussten – aber umso wirksameren – Antiziganismus zu durchbrechen."

Greiner möchte, dass dieser Erinnerungsort dazu dient, Antiziganismus sowie jegliche Form von Diskriminierung und Hass aufzudecken und zu bekämpfen, denn "wir erinnern uns, um anders weiterzuleben". Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, hob die "besondere Bedeutung" der Grabstätten "von den wenigen Überlebenden" des NS-Rassenwahns hervor.

Zigtausende Sinti und Roma kamen in den Konzentrations- und Vernichtungslagern der Nazis wie etwa Auschwitz, Majdanek, Treblinka, Sobibor oder auch Dachau ums Leben. Die mahnende Erinnerung an die Verbrechen der NS-Zeit hat "nichts mit Schuldübertragung auf heutige Generationen zu tun". Erinnern sei vielmehr "gelebte Verantwortung" für die Zukunft. In dieser Zukunft dürften Antiziganismus, Antisemitismus und Rassismus "keinen Platz in unserem Land haben".

Auf dem Bayreuther Stadtfriedhof gibt es viele Gräber, in denen Sinti und Roma bestattet wurden – darunter auch die Asche der Bayreuther Sinti-Brüder Max und Wilhelm Rose, die 1942 und 1943 im KZ Dachau ermordet wurden.

Einweihung nach zweijähriger Vorbereitung

Die Geschichte von Max und Wilhelm Rose, zwei Brüdern aus Bayreuth, die während des Holocausts ermordet wurden, ist eng mit dem Gedenkort verbunden. Max Rose war Musiker und wurde 1942 ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert und später nach Dachau verlegt, wo er im November 1942 ermordet wurde. Sein jüngerer Bruder wurde direkt nach Dachau deportiert und im Jahr 1943 ermordet. Die Asche der beiden Brüder wurde ins Grab ihrer Eltern gelegt. Die Eröffnung des Gedenkorts war das Ergebnis zweijähriger Vorbereitungen, in denen intensiv über den Inhalt und die Gestaltung des Orts diskutiert wurde.

Greiner würdigte "das Einvernehmen mit dem Zentralrat" und dem bayerischen Landesverband der Sinti und Roma bezüglich "Form und Inhalt der Gedenkstätte". Bei der Gestaltung der Gedenkstätte sei den Mitgliedern der zuständigen Arbeitsgruppe – darunter auch der Regionalbischöfin persönlich – klar geworden, wie schwer die richtigen Worte zu finden seien: "Manche unserer exakten Formulierungen waren zwar gut gemeint, aber nicht gut."  Sie hätten einstige Diskriminierungserfahrungen wachgerufen. Der Gedenkort besteht aus vier Stelen aus Cortenstahl, die historische Informationen zur fortgesetzten Diskriminierung von Sinti und Roma vermitteln.

Sie informieren gut lesbar über die Geschichte von Sinti und Roma in Deutschland und die bis in die Gegenwart andauernde Diskriminierung. Zugleich mahnen sie zum Gedenken an Zeiten grausamer Verfolgung insbesondere während des 1933 bis ’45 herrschenden Nationalsozialismus, von der auch die auf dem Stadtfriedhof begrabenen Angehörigen von Bayreuther Sintifamilien betroffen waren. Ziel ist es, Besuchern eine sensibilisierte Perspektive auf den Antiziganismus zu vermitteln und Impulse für ein gelingendes Miteinander in der Gegenwart zu setzen.

Für Regionalbischöfin Greiner ist es wichtig, die Geschichte aufzuarbeiten und zu zeigen, "was in unserer Geschichte geschehen ist."

Bonhoeffer Lied "Von guten Mächten" Teil der Gedenkstätte

Der stellenweise bis heute andauernde jahrhundertelange Antiziganismus, die Ausgrenzung von Sinti und Roma aus den Gesellschaften, sei Grund für die Erschaffung dieses Gedenkorts in Bayreuth gewesen. "Es sind immer noch falsche Bilder vorhanden, die in die Zukunft transportiert werden, und das möchte ich gerne verändern", so Greiner Sie sei "ausgesprochen dankbar", dass die evangelische Kirche in Bayreuth als Trägerin des Friedhofs offen für einen solchen Gedenkort auf dem Platz direkt vor der Aussegnungshalle sei.

Dank gelte auch der Stadt, die "Entscheidendes zur Finanzierung" beigetragen habe. Ihr sei wichtig gewesen, dass das berühmte Bonhoeffer-Lied "Von guten Mächten" als Inschrift auf einer der vier Stelen Teil dieser Gedenkstätte geworden ist. Es sei zum "Trostlied in der Familie Rose" geworden, sagte sie.

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