75,45 Euro stehen auf der Anzeige der Zapfsäule, als Sven Hütter (Name geändert) den Tankrüssel zurück in die Halterung einklinkt. "Ich tanke nie ganz voll", sagt der Berufspendler aus der Nähe von Ulm. Wenn er weniger im Tank habe, halte er sich selbst zu spritsparendem Fahren an. Die Preise für Benzin und Diesel haben in den vergangenen Wochen auch wegen des Ukraine-Kriegs neue Höhen erreicht. Für Berufspendler wie Sven Hütter ist das ein großes finanzielles Problem.

Im ländlichen Raum schlechte Anbindung an Nahverkehr

Gerade im ländlichen Raum Bayerns ist die Anbindung an den Nahverkehr oft schlecht oder faktisch nicht vorhanden. Wegen hoher Mieten in den Großstädten zieht es vor allem Familien aufs Land - und die Eltern müssen zur Arbeit pendeln. Im Jahr 2020 mussten mehr als fünf Prozent der Arbeitnehmer bundesweit mehr als 50 Kilometer zu ihrem Arbeitsplatz zurücklegen. Durch Pandemie und Homeoffice war die Zahl eine Zeit lang geringer. Doch Hütter hat nicht die Möglichkeit, von daheim zu arbeiten.

"Momentan lege ich jeden Tag insgesamt 220 Kilometer mit dem Auto zurück. Das sind etwas über zweieinhalb Stunden Fahrtzeit", sagt der 29-Jährige. Alternativen zum eigenen Pkw habe er nicht. Die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln läge bei insgesamt viereinhalb Stunden. Langfristig denkt der gelernte Konstrukteur über den Kauf eines Elektro- oder Wasserstoffautos nach. Kurzfristig könne er die Situation und sein Fahrverhalten nicht ändern, sagt er. Er müsse weiter teuer tanken.

Mitfahrverband sieht großes Potenzial

Martin Hovekamp vom Verein Mitfahrverband sieht in der Vernetzung von Berufspendlern großes Potenzial: "Gerade im ländlichen Raum kann und sollte Mitfahren einen wesentlichen Beitrag zu besserer Mobilität liefern." Ein Blick in die Nachbarländer lohne sich: "In Frankreich zum Beispiel gibt es Regionen, wo Inhaber von ÖPNV-Tickets auch kostenlos private Mitfahrgelegenheiten nutzen können." Die Vermittler und Fahrer bekämen einen finanziellen Ausgleich fürs Mitnehmen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) plant eine Entlastung für Autofahrer in Form eines Tankrabatts in Höhe von 40 Cent je Liter - das soll den Kraftstoffpreis wieder unter die Zwei-Euro-Marke bringen. Kostenpunkt: Rund 6,6 Milliarden Euro Steuergeld. Auch das sogenannte Neun-Euro-Ticket soll Abhilfe schaffen und eine günstige Alternative zum Auto sein. Für einen Berufspendler wie Hütter, die kein brauchbares Nahverkehrsangebot vorfinden, ist dies nur ein schwacher Trost.

Auch Studierende betroffen

Doch auch für Studierende, die keine Wohnung oder WG-Zimmer in ihrer Hochschulstadt haben und vom Wohnort der Eltern aus jeden Tag an die Uni pendeln müssen, sind die steigenden Benzinpreise eine hohe Belastung. Lisa-Marie Singer studiert an der Hochschule Ansbach: "Ich muss jeden Tag zwei Stunden hin und zurück fahren." Die Spritpreise bereiten der 24-Jährigen trotz Nebenjob Sorge.

"Als Studentin verdient man ja nicht viel. Oft habe ich das Gefühl: Man arbeitet, um zu tanken."

Durch Online-Vorlesungen während der Pandemie konnte Singer von zu Hause aus lernen - und dadurch auch Geld sparen. Doch langfristig könne sie nicht auf das Auto verzichten, sagt sie. Von der Politik wünscht sie sich Maßnahmen, die Berufspendler sowohl als auch Studenten entlasten, wie Tankrabatte oder eine Art Payback-System.

"Die Bahn ist für mich leider noch keine Alternative, da die Verbindungen oft sehr lange dauern und umständlich sind."