In Zeiten vielfältiger Krisen und Kriege sind die rund 500 bundesweiten Jugendmigrationsdienste (JMD) als Bundesprogramm zur Integration junger Menschen mit Migrationsbiografie wichtiger denn je, sowohl für die jungen Menschen selbst als auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland.

Gravierende Kürzungen im Bundeshaushalt 2024 

Auch in Bayern können sich junge Zugewanderte verlässlich auf die Unterstützung der trägerübergreifenden Jugendmigrationsdienste verlassen: Ob Schulangelegenheiten oder Deutschkurse, Praktika oder Ausbildungsplätze, Freizeitangebote und das Kennenlernen Gleichaltriger – die bayrischen JMD Mitarbeiter*innen beraten kompetent, schaffen Raum für Begegnung und ermöglichen jungen Menschen, ihr Leben in Deutschland aufzubauen und selbstbestimmt zu gestalten.

Aktuell vorgesehene Kürzungen gefährden die Integration junger Menschen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt!

Der Entwurf für den Bundeshaushalt 2024 sieht für das Programm JMD massive Kürzungen um mehr als ein Drittel und die Zusammenlegung beider Programme JMD und Respekt Coaches vor (Ressort: BMFSFJ; 2023: € 99,85 Millionen, 2024: € 63,8 Millionen).

In diesem Fall reduziert sich die Finanzierung des JMD-Hauptprogramms um 10 Millionen Euro (2023: € 68,8 Millionen, 2024: € 58,8 Millionen).

Kürzungen verhindern Integration junger Menschen

Die Arbeit der Respekt Coaches, die seit 2018 an Kooperationsschulen im gesamten Bundesgebiet Workshops im Bereich Extremismusprävention, Demokratieförderung und weiterer Themen der politischen Bildung angeboten haben, soll laut Ankündigung des BMFSFJ zum Jahresende 2023 ganz eingestellt werden, ebenso wie das Programm Garantiefonds Hochschule.

Als Folge der Kürzungen entfällt die Arbeit der Respekt Coaches trägerübergreifend in ganz Bayern an 43 Standorten mit 61 Schulkooperationen, im Bereich der Jugendmigrationsdienste werden weitere Versorgungslücken an Standorten entstehen, die nicht mehr wiederbesetzt werden können oder möglicherweise ganz aufgegeben werden müssen.

Forderung an die Bundesregierung

Als Landesreferentin für Jugendmigrationsarbeit der ejsa Bayern erwarte ich von der Bundesregierung, die Jugendmigrationsdienste – wie im Koalitionsvertrag versprochen – angemessen zu fördern und die notwendigen Rahmenbedingungen für eine kontinuierliche und solide Finanzierung sicherzustellen.

Zusammen mit den JMD-Trägerverbänden fordern wir als ejsa Bayern eine Aufstockung auf mindestens 78,8 Mio. Euro bei den Haushaltsverhandlungen der Bundesregierung bis Mitte November, um die Jugendmigrationsdienste zu stärken. Die vorgesehenen Kürzungen sind bei der anhaltend hohen Zuwanderung und dem Integrationsbedarf der jungen Menschen in unsere Gesellschaft völlig unverständlich.

In einem Programm, das ohnehin nicht bedarfsgerecht ausgebaut ist, sind weitere Kürzungen fatal. Unsere Fachkräfte leisten qualitätsvolle Integrationsarbeit. Jede junge Zugewanderte, die auf dem Weg in unser Bildungssystem durch unsere Mitarbeiter*innen kompetent beraten und unterstützt, und auf dem Weg in Ausbildung und Beruf begleitet wird, ist ein Gewinn für unsere Gesellschaft.

ejsa Bayern will Kürzungen verhindern

Die radikalen Kürzungen der Bundesregierung betreffen neben den Jugendmigrationsdiensten auch die Migrationsberatung für Erwachsene, die Asylverfahrensberatung, und das Akut-Programm mit Geldern für die Psychosoziale Zentren.

Mit verstärkter Lobbyarbeit, der Teilnahme an Politik-Talks oder Demos versucht die ejsa Bayern zusammen mit ihren Mitgliedsverbänden sich dafür einzusetzen, die aktuell vorgesehenen gravierenden Kürzungen im Bundeshaushalt zu verhindern, und im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens an Abgeordnete zu appellieren, sich persönlich für die notwendige verlässliche Finanzierung der Jugendmigrationsdienste einzusetzen, und entsprechend die Fördersumme für die Jugendmigrationsdienste ausreichend zu erhöhen.

Rückkehr zu menschenrechtlichen Standards statt Hetze gegen Geflüchtete

Wir dürfen die Hetze und Diskursverschiebung im Bereich Flucht, Asyl und Migration und den zunehmenden Rassismus in der innenpolitischen als auch europäischen Diskussion um Asyl nicht hinnehmen. Mit der Zustimmung Deutschlands zur Krisenverordnung soll zukünftig in Ausnahmeregeln gelten, das Recht auf Asyl weitgehend aushebeln zu können.

Damit verabschiedet sich unsere Bundesregierung vollständig vom Koalitionsvertrag im Bereich der EU-Flüchtlingspolitik. Wir brauchen eine Umkehr zu einer menschenwürdigen und menschenrechtsbasierten Flüchtlingspolitik, die lösungsorientiert Vereinbarungen des Koalitionsvertrages umsetzt, und auf Kürzungen in der Migrations- und Flüchtlingshilfe verzichtet.

Der finanzielle Kahlschlag von heute ist der Boden für den zukünftigen Kahlschlag unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts.

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