Auf den Massendemonstrationen gegen Rechtsextremismus war immer wieder der Appell zu hören: Demonstrieren alleine reiche nicht, jeder Einzelne müsse sich im Alltag gegen menschenverachtende Parolen wenden und sich für Demokratie einsetzen - im Freundeskreis und Verein, in der Familie und Schule, am Arbeitsplatz, in der Kneipe, in Bus und Bahn.

Doch wie kann das gelingen? Wir haben die Mobile Beratung Niedersachsen gegen Rechtsextremismus, für Demokratie und den vor rund 40 Jahren gegründeten Düsseldorfer Antirassismus-Verein Mach meinen Kumpel nicht an nach Tipps gefragt.

Wichtig, Position zu beziehen

Im Umgang mit rechten Parolen sei es wichtig, sich klarzumachen, dass es nicht immer möglich sei, die Menschen zu erreichen, insbesondere dann nicht, wenn sich ihr rechtes Weltbild bereits manifestiert hat, sagt Jan Krieger von der Mobilen Beratung. Dennoch sei es wichtig, Position zu beziehen:

"Falls sich die Person auf ein Gespräch einlässt, sollten Regeln vereinbart werden, etwa sich gegenseitig ausreden zu lassen."

Sinnvoll sei es auch, sich auf einen Wertekonsens wie die Menschenrechte zu einigen. Wer merkt, dass die menschenfeindlichen Aussagen auf persönlich erfahrene Ungerechtigkeiten zurückzuführen sind, könne sich empathisch zeigen und gleichzeitig deutlich machen, dass er es nicht okay findet, dafür bestimmten Gruppen die Schuld zu geben.

Konsequenzen vor Augen führen

Hilfreich sei es auch, dem anderen die Konsequenzen seiner menschenfeindlichen Haltung vor Augen zu führen.

"Denn diese legitimiert häufig Gewalt."

Wenn ein Gespräch unmöglich erscheint, empfiehlt der Ratgeber "Mach meinen Kumpel nicht an", zur eigenen Verblüffung und Sprachlosigkeit zu stehen und diese deutlich zu machen.

Wer etwa bei einer rechten Behauptung wie "Die ganzen Scheinasylanten leben und schmarotzen hier auf unsere Kosten" nicht weiterwisse, könne sagen: "So einen Spruch hätte ich jetzt nicht erwartet", "Das kann doch nicht Dein Ernst sein" oder mit ironischer Distanz "Wie Du das wieder alles überblickst" oder "Wenn Du das brauchst..."

Auch aktives Ignorieren mit Worten wie "Dazu sage ich jetzt nichts" sei eine Möglichkeit, eine deutliche Abgrenzung zu erzielen.

Um rechte Äußerungen oder Beschimpfungen zu beenden, eignet sich laut "Mach meinen Kumpel nicht an" die sogenannte Umlenkung der Diskussion. So könne man etwa auf die Behauptung "Bei den Asylanten gibt es doch genug Drogenhändler, die sich hier einen faulen Lenz machen" erwidern: "Ja, und die größte Sauerei ist, dass die Mehrzahl der Asylsuchenden hier in kaum menschenwürdigen Behausungen ohne Rechte und Chancen vegetieren muss. Das ist doch ein Unding."

Um die Situation im Griff zu behalten, sei es zudem sinnvoll, den Blickkontakt zur provozierenden Person zu brechen, den Blick schweifen zu lassen, sich gerade aufzurichten, um sich zu vergrößern, kurze, klare Ansagen zu machen, mit fester Stimme und langsam, mit Pausen zu sprechen.

Emotionen zulassen 

Eigene Emotionen beiseitezuschieben, sei in solchen Diskussionen oft schwer, räumt Jan Krieger von der Mobilen Beratungsstelle ein.

"Es ist völlig okay, Wut und Empörung über das Gesagte zum Ausdruck zu bringen."

Es sei aber auch wichtig, während des Gesprächs die eigenen Bedürfnisse und Grenzen im Blick zu behalten. "Manchmal hilft alles nichts und dann ist es vollkommen okay, das Gespräch abzubrechen."

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