Oft muss Pfarrer Matthias Stieglitz schmunzeln, wenn er in die Festschrift zum Jubiläum (Motto: "Do schau her") blickt, die der langjährige Bürgermeister Neustadts und Volkskundler Wolfgang Mück der Gemeinde geschenkt hat. 1250 Jahre christliches Leben im Zenngrund werden darin dargestellt, von denen vor allem die Jahre rund um die Gründung der Pfarrei Neuhof ein buntes Sittengemälde des Landlebens der Reformationszeit darstellen. 

"Da ist von den Kirchenvisitationen der Markgrafen die Rede, die wiederum die Geistlichen aufforderten, von allen Kanzeln gegen Völlerei, Hurerei und andere öffentliche Laster zu predigen und das Volk zur Buße und Besserung mit Fleiß vermahnen", erklärt der Geistliche. Trotz der mit Luther eingeführten "Brandenburg-Nürnbergischen Kirchenordnung" hatte sich das religiös-sittliche Volksleben nicht gebessert.

Schwierige Mutter-Tochter-Beziehung

Und dann war da noch ein angespanntes Verhältnis zwischen der Mutterkirche Trautskirchen und Neuhof. 1618 wurde die seit den 1440er Jahren bestehende Diakonstelle von Trautskirchen in die Pfarrstelle Neuhof umgewandelt – ab 1621 war die Pfarrei begründet. Die Nürnberger Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern vergleicht die Beweggründe, die letztlich zur Gründung der Pfarrei führten, treffend mit einer Mutter-Tochter-Beziehung, in die sich sogar mit Heilsbronn noch die Großmutter einmischte.

Spannend ist auch die kleine Ausstellung, die Pfarrer Stieglitz in der Thomaskirche präsentiert. In Vitrinen sieht man alte jahrhundertealte Bibeln und handgeschriebene Choralbücher. Aufgeschlagen sind Gesangbücher mit den Lieder, die 1933 oder auch 1945 im Gottesdienst gesungen wurden, als am 10. April die alliierten Bomber über Neuhof hinweg zogen. Einige Kuriositäten sind ein bei Umbauten des Pfarrhauses gefundener Kaffeelöffel aus dem 19. Jahrhundert nebst einem ähnlich alten Klingelbeutel. In einer weiteren Abteilung widmet man sich der Volksfrömmigkeit der vergangenen 400 Jahre. Die Filialkirche in Oberfeldbrecht steht gemalt dabei.

Eigener Beerdigungs- und Liturgiechor

Die Ausstellung könnte so oder ähnlich auch in anderen fränkischen Landgemeinden gestaltet sein so wie auch die Angebote des aktuellen Gemeindelebens die "Klassiker" wie Posaunenchor, Krabbelgruppe oder Frauenkreis beinhaltet. Angelika Bauch, eine der Ehrenamtlichen der Gemeinde, verweist aber auf die Besonderheiten. So gibt es in Neuhof einen Beerdigungschor. "Eine Gruppe Seniorinnen, die sich nur zum Singen bei Bestattungen treffen", erklärt sie. Der Pfarrer freue sich zudem über gesangliche Unterstützung im Gottesdienst durch den Liturgie-Chor.

Zusammen mit Christine Fleischmann, stellvertretende Vertrauensfrau im Kirchenvorstand, und einem Team hat Bauch zum Jubiläum einen einstündigen Film erstellt, den man auf YouTube anschauen kann und der auch schon mehrfach vorgeführt wurde. "Wir wollten Neuhof und die hier lebenden Menschen und Gruppen porträtieren, dabei alle mitnehmen", sagt Bauch. Rund anderthalb Jahre wurde an dem Film gearbeitet.

Mindestens ebenso lange hatte der Kirchenvorstand die Feierlichkeiten zum Jubiläum vorbereitet. "Als die Programmpunkte standen, kam Corona und die Planungen mussten teilweise über den Haufen geworfen werden", ärgert sich Fleischmann. Gerne hätte sie mehr Menschen im Lauf des Jahres mitgenommen, Feste gefeiert, Gespräche geführt. Doch sie sei auch dankbar und froh, dass die etwas abgespeckte Jubiläums-Zeit den Zusammenhalt in der Gemeinde gestärkt habe.         

Der Festgottesdienst in der Thomaskirche mit Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern findet am Reformations-Sonntag, 31. Oktober, um 9.30 Uhr, ein Vortrag mit Wolfgang Mück am 12. November um 19.30 Uhr im Gemeindehaus statt.

Kirche Neuhof an der Zenn
Gebets- und Liederbücher aus 400 Jahren Pfarreigeschichte werden derzeit in der Kirche Neuhof an der Zenn gezeigt.