Joseph Pöhlmanns alias Jo Jaspers Zuhause ist in der Nürnberger Nordstadt; in einem bunten, kreativen Stadtteil liegt sein Wohnstudio. Da steht der E-Flügel neben der Staffelei, Kaffeemaschine und Miniatur-Eisenbahn sind da, Pianistenschals hängen an der Wand. Hinter einer Schallschutz-Tür steckt das professionelle Studio mit Akustik-Flügel und viel Technik.

Atmosphären spüren

Seit langem verdient Jo Jasper einen Teil seiner Brötchen mit Hintergrundmusik am Klavier in teuren Hotels. Das ist mehr als ein Dienstleisterjob, ein gut bezahlter Hintergrund-Soundtrack. Der 59-Jährige covert Songs wie "What a wonderful world" und ist hoch konzentriert: "Ich schaffe für Menschen Atmosphären und spüre, wer ist gerade da." Musik aus dem Herzen heraus zu spielen, habe er irgendwann in seinem Künstlerleben "geschenkt bekommen".

Jasper sagt, er spüre, wie bei seinem Publikum ein inneres Fenster aufgehe. Jeder habe bei Musik andere Bilder, Erinnerungen oder einen Blick in die Zukunft im Kopf. Das versuche er zu erspüren und darauf mit Tönen zu antworten.

Er gibt nicht zu verstehen, "hey, ihr müsst mir jetzt alle zuhören". Je lauter die Stimmen werden, desto leiser spielt er, immer unter dem Gesprächslevel. Drei Stunden tut er das - ohne Pause gibt er alles, was er hat.

Religiöse Einstellung im Show-Geschäft

Der Musiker begründet das auch religiös. Den Jesussatz "Wer der Größte sein will, soll den anderen dienen" übersetzt er ins Show-Geschäft, in die Welt der Selbstdarsteller. Das Publikum spüre, dass da jemand nur für sie spielt, behauptet er.

Für seine CDs spielt Jasper die Instrumente alle selbst. Auf dem aktuellen Album geht es um "Resilienz" (Anmerkung: Anpassungsfähigkeit). Die sei für ihn eine Überlebensfrage: "Ohne die Resilienz, das resiliente Verhalten in meinem Leben, wäre ich vielleicht nimmer da."

Bescheidenheit statt Geltungssucht

Eine prägende Erfahrung war die Schlagerschmiede von Ralph Siegel, in der er arbeitete. An der Wand hingen dort immer die Charts, die Nummer eins war das Ziel der Träume und der Maßstab des Komponierens. "Denn wenn du groß rauskommst, dann wollen alle was von dir."

Davon sei er geheilt, sagt Jasper. "Genau darauf gucke ich nicht mehr: Wo komme ich groß raus, wo bin ich erfolgreich? Sondern wenn ich was poste, in sozialen Netzwerken, dann ist es mir egal, ob da vier draufklicken oder 40. Ich tue was, weil ich das aus meinem Herzen heraus spüre."

Freiberufler glaubt an Gottes Versorgung

Ein Musiker ist davon abhängig, dass Menschen seine Sachen kaufen und er Erfolge landet. Aber Jasper erklärt, er glaube, dass Gott ihn versorgt, schließlich habe er ihm auch das Talent gegeben. Und zugleich mache er seine Hausaufgaben: Professionell arbeiten, alles machen, was möglich ist, "aber nicht überdrehen". Er kenne die Momente, "wenn man als Freiberufler leer dreht, dann kommen die Ängste und dann geht überhaupt nichts mehr".

Krisenerprobter Musiker

Jo Jasper kann schon sehr lange von seiner Musik leben und hat auch die Corona-Krise überstanden. Nicht seine erste Krise: Er erzählt, dass er das Missbrauchsystem der Regensburger-Domspatzen-Vorschule Etterzhausen durchlitten habe.

Lange in seinem Leben habe er Probleme gehabt, sich gegen Autoritäten auch mal durchzusetzen. "Und irgendwann habe ich gespürt, ich darf der sein, der ich bin." Es habe viel Therapie gebraucht, diese Dinge anzuschauen, Widerstandskraft zu entwickeln.

Songwriting mit Jugendlichen

Heute gibt er viele Workshops für Jugendliche, die Probleme haben, ins Berufsleben zu finden. Er schreibt mit ihnen Songs über ihr Leben und bringt ihre Sicht der Welt musikalisch auf die Bühne. Er berichtet vom letzten Jugendprojekt, in dem ein Mädchen erzählt hat, dass sie Altenpflegerin werden will. Die anderen Jugendlichen spotteten, "da verdienst du doch nichts".

"Ich habe gesagt, wenn sie es aber wirklich machen will, dann tut sie das, und dann kommt sie vielleicht auch mit dem Geld zurecht, das sie verdient. Diesen eigenen Weg zu finden, auch in der Schlichtheit des Herzens, das ist ganz wichtig."

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