Vier Konzerte, sechs Chöre, 300 Sänger, 2.886 Jahre Geschichte - die Zahlen, mit denen Claudia Brinker, Managerin des Windsbacher Knabenchors das kleine Chor-Festival beschreibt, klingen gigantisch, vor allem die letzte. Für deren Größe sorgen in der Aufzählung vor allem der rund 700 Jahre alte Chor des berühmten Klosters Montserrat nahe Barcelona, der etwa 900 Jahre alte Knabenchor des Trondheimer Doms (Nidarosdomens Gutterkor) und natürlich die Regensburger Domspatzen, die auf eine über 1.000-jährige Tradition zurück blicken können und als ältestes Ensemble dieser Art überhaupt gelten.

Dagegen sind die Knabenchöre aus Hannover und dem polnischen Poznan (Posen) ebenso wie die Windsbacher mit jeweils etwa einem dreiviertel Jahrhundert Historie geradezu Jungspunde. Eigentlich hätte das Festival bereits 2021 stattfinden sollen, Corona machte den Plänen allerdings einen Strich durch die Rechnung.

"Wir haben den Faden erst im Januar wieder vorsichtig aufgenommen, in der Hoffnung, im Juni konzertieren zu können - es hat geklappt"

Brinker freut sich an einem heißen Juni-Samstag, an dem die Kirchengebäude von St. Lorenz und St. Sebald nicht nur einen feierlichen Rahmen, sondern auch Abkühlung bieten.

Auch wenn die polnischen oder die norwegischen Kollegen auch erwachsene Stimmen als Unterstützung mit dabei haben - der Klang gehört den Knaben, die bereits im jungen Alter jeweils eine fundierte musikalische Ausbildung genießen und einen einzigartigen Klangkörper bilden, für den seit Jahrhunderten Komponisten schreiben.

Vier Auftragskompositionen sind alleine für den Windsbacher Knabenchor entstanden, der den Konzertreigen am frühen Samstagmittag eröffnet. Darunter ein schwelgerisches Stück "Kinder des Lichts" von Jan Sandström, der über den fünften Epheserbrief seine Töne gedichtet hat. Einen starken Kontrast dazu bietet mit atonalen Elementen und rhythmisch vertrackten Linien Moritz Eggerts Komposition "Musik".

Windsbacher Knabenchor 2022
Der Windsbacher Knabenchor zu seinem 75. Jubiläum 2022.
Windsbacher Knabenchor 2022
Der Windsbacher Knabenchor im 75. Jubiläumsjahr 2022.
Die Knabenchöre Trondheim und Regensburg zu Gast in Windsbach
Die Knabenchöre Trondheim und Regensburg zu Gast in Windsbach 2022.
Der Regensburger Knabenchor zu Gast in Windsbach.
Der Regensburger Knabenchor zu Gast in Windsbach 2022.

Gesangswettstreit zwischen den Chören

Spannend wird es für die Zuhörerinnen und Zuhörer ebenso wie für Sänger und Dirigenten immer dann, wenn jeweils zwei Chöre miteinander auf der Bühne stehen und einen wohlwollenden Sängerwettstreit aufführen. Als beim Nachmittagskonzert in St. Lorenz die Trondheimer Knaben im Wechsel mit den Regensburgern einen norwegischen Sommerpsalm intonieren, kann man den Kontrast im Klang deutlich hören. Beim abschließenden Abendkonzert in der Lorenzkirche schallen dann sogar alle sechs Chöre zusammen zum Abschluss bei Anton Bruckners "Locus iste" - ein beeindruckendes Erlebnis aus rund 300 Kehlen.

Für Martin Lehmann, Chorleiter der Windsbacher, ist das Chorfestival ein großes musikalisches Erlebnis in mehrerlei Hinsicht.

"Natürlich hört und sieht man genau hin, wie die Kollegen dirigieren und auf welche Dinge die Chöre im Klang Wert legen und wie dieser geformt wird. Andererseits macht es einfach Spaß, so viele junge Sänger einzuladen und miteinander zu singen".

Lehmann steht am 25. Juli in der Nürnberger Meistersingerhalle das letzte Mal am Pult für die Windsbacher, bevor er zum Dresdner Kreuzchor wechselt. Gerade die Auftragskompositionen, zu denen es noch keine klangliche Referenz gebe, seien nochmal eine Herausforderung für ihn als Chorleiter ebenso wie für die Sänger gewesen. "Man merkt aber, dass der Chor auch gerade an solchen Aufgaben gewachsen ist und sich ebenso wie die Musik weiter entwickelt hat", sagt Lehmann.