Die Werke der jüdischen Lyrikerin Rose Ausländer erzählen von ihrem bewegten Leben und der Suche, die sie über Jahre umtrieb. 1901 in Czernowitz in der heutigen Ukraine - damals Österreich-Ungarn - geboren, floh sie vor dem Ersten Weltkrieg nach Wien und kehrte 1919 zurück. In den folgenden Jahren wanderte sie in die USA aus, kam aber wieder nach Europa. 1940 lebte sie erneut in Czernowitz und geriet in den Mahlstrom des Zweiten Weltkriegs. 1946 zog sie nach New York, später nach Wien zu ihrer verbliebenen Familie, 1965 nach Düsseldorf. Bis zu ihrem Tod 1988 in einem jüdischen Altenwohnheim schrieb sie ausdrucksstarke Gedichte.

Die Evangelische Stadtakademie Nürnberg organisiert von 14. September an bis zum 16. Oktober in der Egidienkirche eine Ausstellung zu der "Nomadin im 20. Jahrhundert". Ursprünglich sollte die Ausstellung schon im vergangenen Jahr zum 120. Geburtstag der Lyrikerin gezeigt werden, sagt Susanne Heyer von der Stadtakademie, wurde aber pandemiebedingt verschoben. "Rose Ausländers Texte zeichnet aus, dass sie sehr gut auf Stimmungen reagiert und diese in wunderbaren Bildern wiedergibt. Ihre Heimatlosigkeit über Jahrzehnte hinweg hat sie in Worte gefasst, auch sehr versöhnliche Worte", sagt Heyer.

Mutterland Wort

Rose Ausländers damaliger Verleger Helmut Braun ist Kurator der Ausstellung und Vorsitzender der Rose-Ausländer-Gesellschaft. Ihm war es wichtig, Leben und Werk der Lyrikerin miteinander zu verknüpfen.

"Basis sind Fotos vom Kind bis zur alten Frau, anhand derer sich ihr Leben aufblättert. Hinzugefügt sind 16 Gedichte von ihr, in denen sie auf ihren eigenen Lebenslauf zurückschaut."

Der Titel der Ausstellung, "Mutterland Wort", ist ein Zitat aus einem ihrer Gedichte: "Mein Vaterland ist tot / sie haben es begraben / im Feuer / Ich lebe / in meinem Mutterland / Wort". In dem Gedicht nimmt Rose Ausländer Bezug auf die Geschehnisse der Shoa und ihr Exil in New York. "Ein Vaterland hat sie danach nie wieder gefunden", sagt Braun, "und auch das Mutterland manifestiert sich bei ihr in der Sprache, nicht in einem Nationalstaat".

Enges Verhältnis zur eigenen Mutter

Mutter, Mutterland und Muttersprache verknüpfen sich in der Biografie und im Werk der Lyrikerin. Die jüdische Identität wird traditionell über Mütter an ihre Kinder weitergegeben, und auch Rose Ausländer hatte ein enges Verhältnis zu ihrer Mutter. Um sie zu pflegen, kam sie 1940 zurück in ihren Geburtsort und wurde dort im jüdischen Ghetto festgesetzt. "Sie lebte in ständiger Angst vor Deportation, ein Leben in Not und vom Tode bedroht", sagt Braun. "Das brandmarkte sie und fraß sich in die Gedichte ein, die diese Lebenszeit behandeln." Nach ihrer Auswanderung nach New York hatte sie zunächst mit der deutschen Sprache abgeschlossen und schrieb ihre Gedichte auf Englisch.

Es dauerte lange, bis sie zum Deutschen zurückkehrte. "Wieder in der Muttersprache zu leben, darum ging es ihr hauptsächlich", so Braun.

Die Ausstellung "Mutterland Wort" wird von einem vielfältigen Rahmenprogramm begleitet. So gibt es einen Kalligraphie-Kurs, in dem selbst ausgesuchte Texte von den Teilnehmenden zu Papier gebracht werden können. In einem Schreibworkshop mit der fränkischen Schriftstellerin Tessa Korber können Rose Ausländers Texte mit eigenen Gedanken weitergeführt werden. Von Pfarrer Thomas Zeitler wird in einem Kulturgottesdienst in der Egidienkirche die Poesie Rose Ausländers in Gebet und Predigt aufgenommen. Zur Vernissage am 14. September in der Egidienkirche wird Kurator Helmut Braun einen musikalisch umrahmten Vortrag mit Gedichtlesung halten.