Poetry-Slam trifft Psychologie 

Sie steht als Poetry-Slammerin auf der Bühne, schreibt Gedichte, vertextet Kunst-Installationen, arbeitet mit benachteiligten Kindern und Jugendlichen oder Menschen mit Behinderung und podcastet mit ihrem Mann übers Saunieren.

Pauline Füg, Jahrgang 1983, geboren in Leipzig, zwei Jahre vor Ende der DDR mit ihren Eltern in den Westen geflohen, seit einigen Jahren wohnhaft in Fürth, ist aber auch noch Diplom-Psychologin. Sie findet, das passt alles ganz wunderbar zusammen. Stimmt irgendwie. Pauline Füg ist inzwischen mit Preisen geradezu dekoriert. 2011 erhält sie den Kulturpreis Bayern, 2015 den Kulturförderpreis ihrer damaligen Wahlheimat Würzburg, 2023 den Kulturpreis der Stadt Nürnberg.

Schon als Kind liebte Füg das Reimen

Ihre Arbeit, ihr Werk unterscheidet sich von denen anderer Autorinnen und Dichterinnen - wohl auch, weil die Wurzeln ihrer Kunst im Gesprochenen und Vorgetragenen liegen. Als 19-jährige junge Frau steht sie in Ansbach erstmals bei einem Poetry-Slam auf der Bühne und trägt selbstgeschriebene Texte vor. Eine Art Initialzündung.

"Meine Eltern haben mir erzählt, dass ich schon als kleines Kind immer, wenn ich neue Wörter gelernt habe, gleichzeitig auch noch ein Reimwort dazu wissen wollte", erinnert sich Pauline Füg. Wenn andere Kinder um sie herum Lehrerin oder Polizistin oder Ärztin werden wollten - bei ihr war es immer: Schriftstellerin. "Ich hatte nur keinen Plan, wie das so geht", sagt sie. Und schon gar nicht, wie man wirklich von der Kunst leben können soll. "Also habe ich Psychologie studiert, weil mich das Verhalten von Menschen sehr interessiert."

Der Poetry-Slam-Betrieb muss inklusiver werden

Die Literatur-Branche im Allgemeinen und der Poetry-Slam-Betrieb im Besonderen ist nach wie vor eher ein von Männern dominiertes Geschäft.

"Als ich damit angefangen habe, waren auf und hinter der Bühne etwa 90 Prozent Männer", sagt Füg. Heute seien es noch immer um die 70 Prozent. "Da ist noch Luft nach oben", findet die Autorin. Auch mit Blick auf Literaturwettbewerbe: "Viele Frauen fangen erst mit Mitte 40 oder später - also nach der Familienphase - mit dem Schreiben an. Viele Wettbewerbe richten sich aber nur an Jüngere."

Fügs Poesie ist dicht und leicht zugleich. Ihre Texte sind klanglich und rhythmisch, erst recht, wenn sie selbst sie vorträgt. Sie experimentiert mit elektronischer Musik. Und sie will, dass Literatur und Lyrik für jeden da sind:

"Wir denken immer, Literatur muss superkomplex und superkrass sein." Muss sie aber nicht, findet Füg. Dann würde sie nämlich automatisch auch inklusiver. "Ich hätte gerne, dass man auch Menschen mit Behinderung von Anfang an einfach immer mitdenkt." Bei Wettbewerben, bei der Barrierefreiheit, einfach überall.

Projekte für Demenzkranke

Deshalb sind Pauline Füg Projekte wie "DemenzPoesie" so wichtig. Dabei formuliert sie kreative Angebote für Demenzkranke, sie arbeitet mit Museen, Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern zusammen. Ganz ähnlich sieht ihre Arbeit mit Heranwachsenden aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie aus.

"Wir gehen in ein Museum, schauen uns Bilder an, sprechen über die Kunstwerke und schreiben kreative Texte", berichtet sie: "Ich habe den Eindruck: Das hilft den Kindern und Jugendlichen auf dem Weg zu sich und zurück in ihr Leben."

Mentale Gesundheit ist auch Füg wichtig. Corona hat sie ziemlich ausgeknockt, Long Covid.

"Ich bin froh, dass ich auch durch ein Psychologie-Fachwissen gute Strategien entwickelt habe, resilienter zu sein."

Dabei hilft auch ihr Hobby, das sie mit ihrem Mann teilt, und aus dem sie dann doch auch wieder ein Projekt gemacht hat: Saunieren. "Wir wurden dazu von Freunden immer häufiger befragt - also haben wir gedacht, das wäre ein gutes Thema zum Podcasten", erinnert sie sich. Inzwischen gibt es mehr als 120 Sauna-Podcast-Folgen.

Terminkalender: "rhythmisch-rastlos"

Füg pendelt zwischen Mikro-Urlaub in der Therme - und zig Projekten, "weil mich Welt und Menschen interessieren". Sie will durch Kunst und Literatur "das Leben ein bisschen schöner" machen. Dass sie damit erfolgreich ist, sieht man an ihrem knallvollen Terminkalender. Schon ein Zeitfenster von 30 Minuten für ein Telefonat ist schwer zu haben. Aber Füg kann gar nicht anders. Rhythmisch-rastlos wie ihre Texte.

"Ich muss aufpassen, dass ich das, was ich erreicht habe, auch mal feiere und mich nicht gleich ins nächste Projekt stürze." Stimmt irgendwie.

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