Deutlich über 300.000 Menschen haben am Wochenende in Bayern gegen die AfD und Rechtsextremismus demonstriert. In München musste am Sonntagnachmittag die Kundgebung wegen Überfüllung abgebrochen werden. Die Veranstalter - das Bündnis "Gemeinsam gegen Rechts", bestehend aus über 230 Vereinen, Initiativen und Institutionen - sprachen von bis zu 250.000 Teilnehmern, die Polizei von "rund 100.000".

Es brauche "alle Demokraten und Demokratinnen gemeinsam auf der Straße", hatte Bündnis-Sprecherin Jana Häfner im Vorfeld erklärt. Ursprünglich waren die Veranstalter von rund 20.000 Teilnehmern ausgegangen. Bei der einstündigen Kundgebung am Siegestor traten die Berliner Band Kafvka und die Rapperin Ebow auf. Zudem hielten Vertreter von "München erinnert”, der Gewerkschaftsjugend IG-Metall, der Initiative "ich bin Armutsbetroffen”, Fridays for Future und dem Münchener Migrationsbeirat Reden.

Auch die Evangelische Kirche und die Evangelische Jugend (EJM) in München unterstützten die Demo. Kirche stehe "für Demokratie und Vielfalt und gegen die Feinde der offenen Gesellschaft", erklärte Stadtdekan Bernhard Liess dem epd. Die Rede von "Remigration" und der Rückgriff auf nationalsozialistische Konzepte wie Deportation ganzer Bevölkerungsgruppen sei "völlig inakzeptabel und stellt einen ungeheuerlichen Tabubruch dar".

Demonstrationen in Bayern

Unter den Teilnehmern der Demonstration in der bayerischen Landeshauptstadt waren auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), Bürgermeister Dominik Krause (Grüne) und Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München. Auf Plakaten waren Slogans zu lesen wie "Lieber solidarisch, als solide arisch" oder "Nazis essen heimlich Döner".

In Regensburg versammelten sich laut Polizei zwischen 3.000 und 5.000 Menschen zur Kundgebung "Gemeinsam gegen rechts". Unter den Rednern war auch der Holocaust-Überlebende Ernst Grube. Der 91-Jährige, der als Kind einer jüdischen Mutter die Deportation nach Theresienstadt und Piaski überlebte, sprach sich für ein Verbot der AfD aus:

"Wir dürfen auf keinen Fall zulassen, dass den rechtsextremen Kreisen ihr politisch-parlamentarischer Arm weiter zur Verfügung steht."

"Nie wieder - ist jetzt! Deshalb sind wir hier", sagte die Regensburger Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD). Regensburg setze mit der Kundgebung ein klares Zeichen gegen rechts und "gegen Hass, Hetze und Verschwörungsschwurbler". Die Oberbürgermeisterin betonte, dass alle Menschen eine Verantwortung hätten, die Demokratie zu schützen und wehrhaft zu machen.

Bereits am Samstag hatten sich in zahlreichen Städten Bayerns tausende Menschen versammelt. In Nürnberg kamen nach Angaben der Polizei statt der angemeldeten 1.000 Menschen bis zu 15.000 Bürger zusammen. Dort forderte Ulli Schneeweiß vom Bündnis Nazistopp ein Verbot der AfD. Die Partei gefährde den sozialen Zusammenhalt mehr als es die NPD je getan habe, sagte er.

Die Partei müsse daher "nicht nur juristisch, sondern auf allen gesellschaftlichen Ebenen bekämpft werden - hier auf der Straße, am Stammtisch, im Verein, ja in der eigenen Familie".

Bei der Demonstration "‘Nieder wieder‘ ist Jetzt!" in Ansbach sprach unter anderem die Ansbach-Würzburger Regionalbischöfin Gisela Bornowski. Es sei an der Zeit, "die Zurückhaltung abzulegen und sich zu Wort zu melden", um sich für die freiheitliche Demokratie starkzumachen, sagte die evangelische Theologin vor den laut Polizeiangaben rund 1.000 Teilnehmern. Die Kirche stehe mit ihrer Botschaft "in Wort und Tat für ein gutes Miteinander unterschiedlicher Kulturen, sozialer Schichten, Religionen".

Ebenfalls deutlich mehr Teilnehmer als angemeldet hatte am Samstagmittag die Demo von "Omas gegen Rechts" in Würzburg. Ab 12 Uhr hatten sich dort nach Schätzungen der Polizei zwischen 3.000 und 4.000 Menschen versammelt. Rednerinnen forderten die "schweigende Mehrheit" der bürgerlichen Mitte zum Protest und Widerstand gegen Hass und Hetze von Rechts auf.

Anlass für die bundesweiten Demonstrationen war die Enthüllung des Recherchenetzwerks Correctiv, wonach sich AfD-Politiker im November in Potsdam mit Rechtsextremen getroffen hatten, um unter anderem darüber zu beraten, wie Millionen nicht assimilierter Staatsbürger mit Migrationshintergrund dazu gebracht werden können, das Land zu verlassen.

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